©IG BAU (Alexander Paul Englert)
05.07.2016
Internationales
„Wir lassen die Unsicherheit hinter uns“, hieß es nach dem Referendum der Briten über den Verbleib in Europa. Das war 1975. Damals stimmten mehr als zwei Drittel für die Gemeinschaft. Jetzt verlässt Großbritannien auf Wunsch gut der Hälfte seiner Bevölkerung die EU wieder, und die Zeit der Unsicherheit beginnt erneut. Für Millionen Briten drohen Verschlechterungen.
Auf EU-Ebene haben Gewerkschaften viele grundlegende Arbeitnehmerrechte durchgesetzt. Dafür, dass diese nach dem Ausscheiden in Großbritannien beibehalten werden, gibt es keine Garantie.

Das britische Referendum muss für die EU zum Weckruf werden. Zu Beginn der Gemeinschaft haben die Menschen Europa positiv gesehen, nicht zuletzt weil es ihnen im Alltag einige Vorteile brachte. Seit Jahren gewinnen aber EU-Skeptiker Zulauf, weil viele Menschen schon lange keinen Nutzen mehr für sich in einer zunehmend neoliberalen EU erkennen. Der Brexit ist nun eine Chance, Europa wieder ein soziales Gesicht zu geben.

Die Politik muss das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt stellen und darf nicht allein auf die Interessen der Wirtschaft schielen. Gelingt das nicht, werden Brexit-Nachahmer nicht lange auf sich warten lassen. Rechte Europa-Feinde sehen im Referendum den willkommenen Startschuss für ihre eigene nationalistische Agenda. Wer glaubt, sie durch harte Bedingungen für die Briten bei den Austrittsverhandlungen abzuschrecken, träumt. Ein Dominoeffekt lässt sich nur verhindern, wenn die Menschen von Europa überzeugt sind.

Das gelingt aber nur, wenn die EU ihnen einen starken sozialen Zusammenhalt bietet: Mehr Rechte für Arbeitnehmer, Entsendung sauber regeln, Lohngerechtigkeit, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und endlich eine Abkehr vom überzogenen Sparkurs, der ganze Staaten entmündigt

IG BAU-Bundesvorsitzender Robert Feiger in der IG BAU-Mitgliederzeitschrift "Der Grundstein/Der Säemann", Ausgabe Juli-August 2016.