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Corona: Was Beschäftigte wissen müssen (Stand: 4. Mai)

medizin krankheit gesundheit arzt
(Foto: engin akyurt / Unsplash)
03.02.2021
Gesundheitsschutz

Hoffentlich stimmen die positiven Einschätzungen und die Pandemie hat ihre letzte Phase erreicht. Bis sie tatsächlich durchstanden ist, braucht es aber noch ein wenig Geduld, Vorsicht und Einschränkungen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat bereits im vergangenen Frühjahr ein FAQ zusammengestellt, das auf häufige Fragen von Arbeitnehmer*innen eingeht. Seit dem wird es immer wieder auf den aktuellen Stand gebracht.

Ausführlichere Infos, etwa für Eltern, zu Kurzarbeit oder Arbeitsrecht findet Ihr ebenfalls beim DGB.

Fragen und Antworten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Corona

Aktuell häufig gestellte Frage:
Was mache ich, wenn die Abstandsregeln an meinem Arbeitsplatz nicht eingehalten werden? Kann ich zu Hause bleiben? Bekomme ich weiter mein Geld?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Grundsätzlich sind Arbeitgeber*innen verpflichtet, ihre Beschäftigten vor einer Infektion zu schützen und die dafür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (unter anderen § 618 BGB). Welche Maßnahmen konkret erforderlich und geeignet sind, hängt von der Tätigkeit und den damit verbundene Risiken aber auch den gesetzlichen Regelungen ab sowie auch von der individuellen Situation des Einzelnen ab. Hier sind einige der wichtigen Anforderungen an Arbeits- und Gesundheitsschutz in und nach Corona zu finden. Die Einhaltung der Vorgaben zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz kann und muss von den Aufsichtsbehörden kontrolliert werden.

Rechtlich besteht bei Nichteinhaltung zwingend geltender Arbeitsschutzregelungen zwar die Möglichkeit, die Arbeit einzustellen beziehungsweise zu verweigern und trotz alledem die Vergütung weiter zu erhalten. Ob dieses so genannte Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB im konkreten Fall bei der COVID-19-Epidemie allerdings im Einzelfall tatsächlich besteht, ist immer eine Frage des Einzelfalls und kann hier nicht allgemeingültig beschrieben werden. Dabei ist die Verfassung des*der einzelnen Arbeitnehmer*in und die Situation am Arbeitsplatz im jeweils konkreten Fall zu berücksichtigen. Der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts muss vorsorglich auf jeden Fall eine Aufforderung des*der Arbeitgeber*in zur Einhaltung der Arbeitsschutzregeln vorausgehen. In jedem Fall sollten sich Beschäftigte vor Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts auch rechtlich beraten lassen. Denn mit der Ausübung des Leistungsverweigerungsrecht sind häufig Sanktionen durch den*die Arbeitgeber*in verbunden, die bei einer unrichtigen Ausübung auch rechtmäßig sein können, so zum Beispiel die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen unberechtigter Arbeitsverweigerung. Der Rechtsschutz der Gewerkschaften ist für Gewerkschaftsmitglieder da und berät zu diesen schwierigen rechtlichen Fragen.  

Wir empfehlen, hier auch den Betriebsrat – sofern vorhanden – einzuschalten, der nach § 87 I Nr. 7 BetrVG grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht bei den Fragen des Gesundheitsschutzes hat. Bei der Entscheidung, welche Schutzvorkehrungen bei der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit und unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands zu treffen sind, ist der*die Betriebsarzt*Betriebsärztin sowie die Berufsgenossenschaft die richtigen Ansprechpartner*innen.

Ob trotz der im Betrieb eingeführten Hygieneregeln/Arbeitsschutzregeln einzelne besonders vorbelastete Arbeitnehmer*innen der Arbeit fernbleiben dürfen, muss individuell bewertet und entschieden werden. Für das sogenannte Leistungsverweigerungsrecht (§ 275 Abs. 3 BGB) muss die Arbeit für die*den Betroffene*n eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaft objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellen. Ob das im Einzelfall so ist, sollte nicht ohne ärztliche und rechtliche Beratung entschieden werden.

Hinweis

Angesichts der weiter zunehmenden Corona-Fälle und der flächendeckenden Schließung von Kindertagesstätten, Schulen, Restaurants, Geschäften, und so weiter, stellen sich zahlreiche Fragen für Unternehmen, Beschäftigte und ihre Interessenvertretungen. So stehen zum Beispiel Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland vor akuten Betreuungsproblemen und potenziell auch vor Einkommensunsicherheiten. Ungewiss ist zum Beispiel auch die Situation derjenigen Beschäftigten, deren Betriebe vor den behördlich angeordneten Schließungen erfasst sind, also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Kindergärten, Schulen, Universitäten, Kultur- und Sporteinrichtungen, Gaststätten, im Handel und der Unterhaltungsindustrie beschäftigt sind. Die existierenden gesetzlichen Regelungen sind nur bedingt geeignet, angemessene Lösungen bereit zu stellen. Sie sind auf ein derart flächendeckendes Ereignis nicht ausgerichtet. Es bedarf in einigen Punkten daher dringend flächendeckender politischer Lösungen. Die unterstehenden Ausführungen bieten eine grobe Orientierung zu im Kontext Corona auftretenden arbeitsrechtlichen Fragestellungen.

1. Zu Hause bleiben, um Ansteckung zu vermeiden?
Ich möchte eine Ansteckung mit dem Corona-Virus vermeiden. Wann darf ich, wann muss ich zu Hause bleiben?

Eine einfache Antwort gibt es nicht. Es ist zwischen verschiedenen Situationen zu unterscheiden:

  • Die bloße Befürchtung, sich bei Verlassen der Wohnung möglicherweise mit dem Corona-Virus anzustecken, genügt nicht, damit Ihr der Arbeit fern bleiben dürft. Denn eine nur potenzielle Ansteckungsgefahr – auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz – gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Diese trägt jede und jeder Beschäftigte selbst.
  • Angesichts der aktuellen Lage und der Aufforderung der Gesundheitsexpert*innen und der Politik, soziale Kontakte auf das Mindestmaß zu begrenzen, ermöglichen derzeit viele Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten, die Arbeit von Zuhause aus zu erledigen. In vielen Betrieben bestehen schon heute Regelungen zur Arbeit im Home Office / von Zuhause aus; auf diese kann und sollte zurückgegriffen werden. Bitte prüft jedoch, welche Absprachen gegebenenfalls erforderlich sind. Der Corona-Virus kann allerdings auch in Betrieben, in denen bislang kein Homeoffice möglich ist, Anlass sein, über entsprechende Regelungen nachzudenken und entsprechende Möglichkeiten zu prüfen, um die Auswirkungen von Ansteckung und Erkrankungen auf den Betrieb zu minimieren. Fragt zu den Möglichkeiten im Betrieb nach. In Betrieben mit Betriebsrat oder Personalvertretung können zwischen diesen und dem Betrieb Absprachen erfolgen.
  • Habt Ihr den Verdacht, Euch mit dem Corona-Virus angesteckt zu haben – etwa weil Ihr  in Kontakt mit einer Person wart, bei der eine Infektion festgestellt wurde – sieht die Rechtslage schon anders aus. Denn beim Vorliegen eines sogenannten vorübergehenden persönlichen Verhinderungsgrundes (§ 616 S.1 BGB) dürft Ihr der Arbeit fernbleiben und bekommt trotzdem Euer Entgelt ausgezahlt, soweit dies nicht durch Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde. Dieser Verhinderungsgrund liegt unter anderen bei einem medizinisch notwendigen Arztbesuch vor, wenn dieser nur während der Arbeitszeit erfolgen kann. Ist zur medizinischen Abklärung eines Corona-Verdachts das Fernbleiben von der Arbeit nötig, muss der*die Arbeitgeber*in unverzüglich über das Fernbleiben von der Arbeit informiert werden. Bitte beachtet auch die öffentlich zugänglichen Hinweise der Ärzt*innen und Gesundheitsbehörden an Eurem Wohnort, wie man mit Verdachtsfällen umgehen sollte. Zumeist soll zunächst eine telefonische Information erfolgen und nicht direkt die Arztpraxis aufgesucht werden. Ihr lasst Euch dann von dem*der Arzt*Ärztin oder anderen aufgesuchten Stelle schriftlich bestätigen, dass eine medizinische Indikation für die Untersuchung bestand. Zur Angabe des genauen Grundes des Arztbesuches – also der aufzuklärende Erkrankung – seid Ihr Eurem*Eurer Arbeitgeber*in gegenüber nicht verpflichtet.
  • Habt Ihr den Verdacht, dass Ihr Euch mit Corona infiziert habt, solltet Ihr in eigenem Interesse, aber auch dem Eurer Umgebung und der Allgemeinheit, Euch bei Eurem*Eurer Arzt*Ärztin melden und schnellstmöglich einen Corona-Test machen. Wenn Ihr während der Quarantäne einen Verdienstausfall erleidet, also etwa dann, wenn Ihr nicht von Zuhause aus arbeiten könnt oder Euer*Eure Arbeitgeber*in nicht auf anderer Grundlage verpflichtet ist, den Lohn weiterzuzahlen, erhaltet Ihr die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls, welchen der*die Arbeitgeber*in auszuzahlen hat. Der*die Arbeitgeber*in wiederum bekommt diese Auslage vom jeweiligen Bundesland zurückerstattet. Das alles bestimmt das Infektionsschutzgesetz (IfSG).
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Krankheitssymptome haben und dadurch arbeitsunfähig sind, haben aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit das Recht, der Arbeit fernzubleiben. Das gilt übrigens nicht nur für Corona, sondern allgemein. Die Arbeitsunfähigkeit muss dem*der Arbeitgeber*in unverzüglich mitgeteilt werden und es sind auch die sonst bei Arbeitsunfähigkeit im Betrieb geltenden Regelungen einzuhalten. Unabhängig davon sieht das Gesetz vor, dass spätestens nach dem dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit dem*der Arbeitgeber*in ein ärztliches Attest – also die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) – vorgelegt werden muss. Tarifverträge oder Arbeitsverträge regeln oft die Frist für die Vorlage der AU-Bescheinigung abweichend von der gesetzlichen Grundregel. Zulässig ist sogar – bei Bestehen eines Betriebsrats im Betrieb allerdings nur nach dessen ordnungsgemäßer Beteiligung – eine Regelung der Vorlagepflicht ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten die in ihrem Betrieb geltenden Fristen kennen und beachten. Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben grundsätzlich für die Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber ihrem*ihrer Arbeitgeber*in und anschließend auf Krankengeld von der Krankenkasse.
2. Arbeitgeber*in bei Corona-Verdacht / Corona-Diagnose informieren?
Mein*e Arzt*Ärztin vermutet bei mir den Corona-Virus oder hat diesen bereits diagnostiziert. Schulde ich meinem*meiner Arbeitgeber*in eine Information darüber?

Es gibt grundsätzlich keine Pflicht, dem*der Arbeitgeber*in oder den Arbeitskolleg*innen die ärztliche Diagnose offenzulegen. Der beziehungsweise die Beschäftigte ist lediglich verpflichtet, dem*der Arbeitgeber*in die eigene Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und ihre voraussichtliche Dauer mittels Attest nachzuweisen. Es steht Euch natürlich frei, dem*der Arbeitgeber*in und den Kolleg*innen trotzdem den Grund Eurer Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, zum Beispiel um sie zu warnen. Zudem unterliegt eine Vielzahl der gefährlichen und ansteckenden Krankheitserreger – darunter Masern, Polio, Hepatitis B oder Influenza und seit kurzem auch der 2019-nCov, also der neue Corona-Virus – nach dem Infektionsschutzgesetz der behördlichen Meldepflicht. Das bedeutet, dass bei einer Diagnose eines dieser Erreger, der Arzt beziehungsweise die Ärztin unverzüglich unter Angabe von persönlichen Daten der*des Erkrankten dies dem zuständigen Gesundheitsamt mitteilen muss. Dieses verfügt über weitreichende Kompetenzen, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Erkrankung – darunter auch im Betrieb der*des Arbeitgeberin*Arbeitgebers - einzuleiten. Nach der kürzlich verabschiedeten Corona-Meldeverordnung müssen die Ärzt*innen nicht nur die tatsächlichen Erkrankungsfälle von Corona, sondern auch Verdachtsfälle den zuständigen Behörden melden.

3. Darf der*die Arbeitgeber*in mich auf Dienstreisen schicken?
Mein*e Arbeitgeber*in möchte mich auf Dienstreise schicken, ausgerechnet in eine Gegend, über die bekannt ist, dass dort viele an Corona erkranken. Muss ich dorthin reisen?

Die Arbeitspflicht erstreckt sich zwar grundsätzlich auch auf Dienstreisen. Zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus fordern jedoch derzeit sowohl die Gesundheitsexpert*innen als auch die politisch Verantwortlichen dazu auf, Reisetätigkeiten auf das Nötigste zu beschränken. Diese Empfehlung sollte auch bei Anordnung von Dienstreisen ernst genommen werden. Aufgrund der aktuell eingeführten Reisebeschränkungen ins Ausland und der Einschränkung des Flug- und Bahnverkehrs dürften viele Dienstreisen ohnehin derzeit nicht in Frage kommen. Sollten Dienstreisen dennoch notwendig und auch realisierbar sein, gelten folgende Grundsätze:

Erwartet der*die Arbeitgeber*in die Erbringung der Arbeitsleistung an einem Ort, an dem das Ansteckungsrisiko offiziell festgestellt wurde, etwa an einem zum Quarantänegebiet erklärten Ort oder in einer Gegend, zu der von Seiten des Auswärtigen Amtes eine offizielle Reisewarnung (nicht zu verwechseln mit einem bloßen Sicherheitshinweis) wegen der Infektionsgefahr vorliegt, kann der*die Arbeitnehmer*in die Dienstreise verweigern (§ 275 Abs. 3 BGB). Beschäftigte müssen grundsätzlich ihre Arbeitsleistung nicht unter Umständen erbringen, die mit erheblichen Gefahren für ihr Leben oder ihre Gesundheit einhergehen. Wer eine Dienstreise unter diesen Umständen verweigert, muss damit rechnen, dass ihr*ihm eine andere Arbeit zugewiesen wird. Selbst wenn das aber nicht passiert, behält man das Recht auf Vergütung (§ 615 BGB).

Unterhalb der Schwelle von Reisewarnungen kann die Weisung, eine Dienstreise anzutreten, trotzdem "unbillig" sein. Insoweit ist eine Interessenabwägung mit den betrieblichen Belangen der*des Arbeitsgeberin*Arbeitgebers vorzunehmen. Bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Anweisung einer kurzfristig anstehenden Dienstreise sollte allerdings zunächst das Gespräch mit dem*der Arbeitgeber*in gesucht und Kontakt mit dem Betriebsrat, der Personalvertretung oder der Gewerkschaft aufgenommen werden, um sich noch einmal abzusichern.

Für medizinisches Personal oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Katastrophenschutzorganisationen, die gerade zur Bekämpfung von Seuchen in den betroffenen Gebieten eingesetzt werden, gelten abweichende Regeln.

4. Muss ich meinem*meiner ArbeitgeberIn sagen, wo ich in Urlaub war?
Ich komme gerade aus einem Auslandsurlaub zurück. Schulde ich meinem*meiner Arbeitgeber*in eine Auskunft darüber, wo ich war?

Nein, diese Auskunft schuldet Ihr grundsätzlich nicht. Ein Informationsinteresse der*des Arbeitgeberin*Arbeitgebers könnte höchstens dann bestehen, wenn Ihr Euch in den Gebieten aufgehalten habt, für die das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung wegen der Infektionsgefahr herausgegeben hat oder die unter Quarantäne stehen.

5. Kollegin oder Kollege hat Corona?
In meinem Betrieb gab es einen bestätigten Corona-Fall. Was bedeutet das für mich?

Das kann man pauschal nicht sagen. Es liegt in den Händen der zuständigen Aufsichtsbehörden, das sind in diesem Fall die Gesundheitsämter der Länder, über die weiteren notwendigen Schritte zu entscheiden. Wie zur Frage 2 ausgeführt, wird jeder Corona-Fall den Behörden gemeldet und sie leiten die weiteren Untersuchungen und Maßnahmen – auch in den Betrieben der Infizierten – ein. Zunächst sollte mit bestehenden Interessenvertretungen (etwa Betriebs- oder Personalrat) oder dem*der Arbeitgeber*in gesprochen werden. Natürlich kann auch der*die Arbeitgeber*in im rechtlich zulässigen Rahmen Maßnahmen ergreifen.

6. Darf mein*e Arbeitgeber*in mich nach Hause schicken?
Darf mein*e Arbeitgeber*in mich nach Hause schicken,...
...weil sie*er meint dass ich krank bin?

Hat der*die Arbeitgeber*in begründete Anhaltspunkte, anzunehmen, dass die*der Beschäftigte an Corona erkrankt ist, darf er*sie zum Schutz der*des Betroffenen und der restlichen Belegschaft diese*n zur Genesung nach Hause schicken. In diesem Fall kann er*sie natürlich keine Arbeit von Zuhause aus verlangen. Bei Arbeitsunfähigkeit besteht insoweit ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG).

...weil sie*er vage vermutet, dass ich krank sein könnte?

Bei Freistellung von der Arbeit aufgrund bloßer vager Vermutung der*des Arbeitgeberin*Arbeitgebers, der*die Beschäftigte könnte erkranken, befindet sich der Arbeitgeber aufgrund Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit der*des Beschäftigten im Annahmeverzug und schuldet weiterhin Gehalt gemäß § 615 BGB.

...weil sie*er will, dass ich vorsichtshalber von Zuhause aus arbeite?

Der*die Arbeitgeber*in hat grundsätzlich kein Recht, über den privaten Wohnraum seiner*ihrer Beschäftigten zu verfügen. Er*sie kann also nicht einseitig Arbeit von zu Hause aus anordnen, sondern es bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in. In der augenblicklichen Situation und um Ansteckungen zu vermeiden, kann es aber sinnvoll sein, sich über die Möglichkeiten der Homeoffice-Arbeit grundsätzlich und vermehrt zu verständigen.

7. Darf der*die Arbeitgeber*in vorübergehend schließen und die Belegschaft "nach Hause" schicken?
Was ist, wenn unser Betrieb massiv unter den Auswirkungen des Corona-Virus leidet. Mein*e Chef*in will den Betrieb vorübergehend schließen und die Belegschaft nach Hause schicken. Darf er*sie das?

Entschließt sich der*die Arbeitgeber*in aus freien Stücken, den Betrieb vorübergehend zu schließen, kann er*sie dies natürlich tun. Er*sie muss dann aber auch in diesem Fall das Entgelt weiterzahlen (§ 615 BGB) und darf ohne ausdrückliche Vereinbarung auch hier nicht auf die Stundenkonten der Beschäftigten zurückgreifen. Arbeitnehmer*innen einfach nach Hause schicken, ohne Lohn zu zahlen, darf der*die Arbeitgeber*in nicht. Vielmehr trägt der*die Arbeitgeber*in das sogenannte Betriebs- und Wirtschaftsrisiko, auch bei unrentabler Beschäftigung (§ 615 S. 3 BGB).

In der augenblicklichen Situation können Unternehmen vermehrt auf Kurzarbeit zurückgreifen und die Entgeltausfälle über Kurzarbeitergeld abfedern. Diese Leistung muss von dem*der Arbeitgeber*in beantragt werden. Mehr zu Kurzarbeitergeld finden Ihr hier.

8. Kann der*die Arbeitgeber*in anordnen, Überstunden abzubauen? Oder Urlaub zu nehmen? Oder Minusstunden?
Mein*e Arbeitgeber*in hat aufgrund von Corona keine Arbeit für uns. Wir sollen Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen. Auch von Minusstunden ist die Rede. Kann der*die Arbeitgeber*in das einseitig anordnen?

Grundsätzlich kann der*die Arbeitgeber*in die Arbeitnehmer*innen nicht gegen ihren Willen in den Urlaub schicken. Ausnahmen gelten für sogenannte Betriebsferien. Betriebsferien müssen mit dem Betriebsrat/Personalrat – falls es eine solchen gibt – vereinbart werden; in betriebsratslosen Betrieben ist zwar eine einseitige Anordnung möglich, es muss aber mit ausreichend Vorlauf passieren; zudem ist billiges Ermessen zu berücksichtigen; auch muss genug Resturlaub zur freien Verfügung verbleiben und sind die Belange der Beschäftigten zu berücksichtigen. Von heute auf morgen den Urlaub einseitig anzuordnen ist also grundsätzlich nicht zulässig. In der augenblicklichen Situation sind alle gut beraten, nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen. Auch der einvernehmlich vereinbarte Abbau von Überstunden kann ein Mittel sein, um die Zeit zu überbrücken.

Was die Minusstunden betrifft: Arbeitgeber*innen dürfen nicht einseitig Arbeitszeitkonten mit Minusstunden belasten. Denkbar sind allerdings tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen, die die Nutzung von Arbeitszeitkonten zur Überbrückung von Auftragsschwankungen vorsehen.

9. Muss ich bei voller Auslastung des Betriebs mehr arbeiten?
Wir sind voll ausgelastet und ich soll mehr arbeiten als sonst, auch um erkrankte Kolleg*innen zu ersetzen – muss ich das?

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer*innen sind zur Arbeit in dem in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarten Umfang verpflichtet. Überstunden können dann angeordnet werden, wenn dies in dem Arbeitsvertrag, im anwendbaren Tarifvertrag oder der in ihrem Betrieb geltenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt ist.
Nur im Notfall - etwa im Katastrophenfall zur Abwendung von Schäden im Betrieb – dürfen Arbeitgeber*innen einseitig überobligatorische Arbeit einfordern, nicht aber um in einem produzierenden Betrieb die erhöhte Nachfrage nach bestimmen Produkten zu befriedigen oder im Dienstleistungsbereich etwa die erkrankten Kolleg*innen zu ersetzen. In Betrieben mit Betriebsrat ist dessen Zustimmung zur Anordnung von Überstunden erforderlich.

Die Überstundenarbeit muss zudem in aller Regel– zusätzlich vergütet werden. Möglich ist, einen Freizeitausgleich statt Vergütung zu vereinbaren.
Bei der Anordnung von Überstunden sind grundsätzlich die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten, also die geltenden Tageshöchstarbeitszeiten (in der Regel 10 Stunden), die Grenzen der Ruhezeiten (in der Regel 11 Stunden täglich), der Nachtarbeit und der Sonntags- und Feiertagsruhe. Allerdings eröffnet § 14 ArbZG eröffnet in Notfällen und außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen des*der Arbeitgebers*Arbeitgeberin eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, vorübergehend Abweichungsmöglichkeiten von diesen Grenzen. Diese Abweichungen sind insbesondere dann zulässig, wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben drohen, bei unaufschiebbaren Arbeiten im Bereich der Forschung oder bei Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen und Tieren. In der aktuellen Situation ist ein solcher Notfall in den Gesundheitseinrichtungen oder Lebensmittelproduktion denkbar, die Ausnahmen sind aber zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten stets auf das Nötigste zu begrenzen.

Auch in diesen Fällen darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von 6 Kalendermonaten nicht überschreiten. Die Aufsichtsbehörde kann weitergehende Ausnahmen zulassen, wenn sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden (§ 15 Abs. 2 ArbZG).

10. Was ist, wenn mein Betrieb aufgrund von Lockdown-Maßnahmen geschlossen wird?
Mein Betrieb gehört zu den Branchen, die aufgrund von Lockdown-Maßnahmen geschlossen bleiben. Bekomme ich weiterhin meinen Lohn, auch wenn ich selbst nicht erkrankt bin?

Grundsätzlich tragen die Arbeitgeber*innen auch bei den unerwarteten und von ihnen unverschuldeten Betriebsstörungen, zu denen auch die extern angeordnete Schließung des Betriebes gehört, das Risiko und damit auch die Lohnkosten (§ 615 BGB). Ein Massenereignis wie die aktuelle Corona-Pandemie stellt aber Betriebe vor bislang nicht bekannte Herausforderungen: Angesichts der aktuell angeordneten, flächendeckenden Schließung von Kultur- und Sporteinrichtungen, Schulen, Kindertagesstätten, Geschäften, Hotels und Gastronomiebetrieben greifen die meisten Arbeitgeber*innen zum Instrument der Kurzarbeit. Arbeitnehmer*innen haben dann den Anspruch auf das Kurzarbeitergeld.

Lest hierzu auch den DGB-Beitrag zu Corona und Kurzarbeit.

Im April 2021 hat das LAG Düsseldorf geklärt, dass eine durch eine Pandemie begründete Betriebsschließung zum Betriebsrisiko des*der Arbeitgebers*Arbeitgeberin gehöre und damit bei den behördlich angeordneten beziehungsweise veranlassten Betriebsschließungen ähnliche Maßstäbe gelten, wie etwa in Folge von Naturkatastrophen. Bei der aktuellen Pandemie handelt es sich um ein Naturkatastrophen ähnliches Ereignis, so das LAG Düsseldorf. Dabei spielt die Reichweite des behördlichen Verbots keine Rolle, also ob diese Schließung eine gesamte Branche oder nur einzelne Betriebe eine Branche, gegebenenfalls bundesweit, nur in einzelnen Ländern oder örtlich erfasst. Das bedeutet dass der Arbeitgeber, dessen Betriebe in Folge der Pandemie geschlossen wurden, verpflichtet ist, arbeitswilligen Beschäftigten für die Zeit der pandemiebedingten Betriebsschließung Lohn für ausgefallene Arbeitsstunden zu zahlen. Das gilt nur in den Fällen, in denen nicht anstelle des Lohnes das Kurzarbeitergeld als Lohnersatzleistung gezahlt wird. Diese Fälle gibt es nach unseren Informationen durchaus, weil nicht alle Arbeitgeber*innen sich um die Beantragung des Kurzarbeitergeldes gekümmert haben. Beschäftigten der vom Lockdown betroffenen Betriebe, die einfach "nach Hause" geschickt wurden, ohne Kurzarbeitergeld und ohne Lohnzahlung, behalten nach den Maßstäben des LAG Düsseldorf das Recht auf Lohn.

Achtung: Bei dem LAG Urteil handelt es sich um eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung, die Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das LAG zugelassen. Die Letztentscheidungskompetenz liegt also bei dem Bundesarbeitsgericht, das heißt, dass die Frage erstmal vorläufig geklärt ist. Wir informieren an dieser Stelle weiter über aktuelle Entwicklungen. 

Mein Betrieb wird aufgrund einer behördlichen Quarantäne-Anordnung geschlossen. Bekomme ich weiterhin meinen Lohn, auch wenn ich selbst nicht erkrankt bin?

Wenn Ihr aufgrund einer Quarantäneanordnung einen Verdienstausfall erleidet, steht Euch eine staatliche Entschädigungsleistung, die sogenannte Verdienstausfallentschädigung, zu. Voraussetzung ist, dass Ihr durch die Quarantäneanordnung Einkommensverluste habt, sie greift also nicht, wenn Ihr während der Quarantäne von Zuhause aus arbeitet und Euren Lohn weiterhin erhalten. Die Entschädigung gilt für jene Arbeitnehmer*innen, die als "Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern" von der Behörde mit einem beruflichen Tätigkeitsverbot belegt wurden (§ 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls (in den ersten sechs Wochen) wird zunächst von dem*der Arbeitgeber*in "für die Behörde" ausgezahlt, § 56 Abs.5 IfSG. Der*die Arbeitgeber*in hat gegen die Behörde dann einen Erstattungsanspruch hinsichtlich des gezahlten Verdienstausfalls. Damit aber Beschäftigte möglichst lückenlos ihr Geld erhalten, ist der*die Arbeitgeber*in insoweit verpflichtet, mit der Entschädigungszahlung in Vorleistung zu gehen – allerdings nur für die Dauer von höchstens sechs Wochen, danach zahlt die Behörde die Entschädigung direkt an die Beschäftigten aus. Falls der*die Arbeitgeber*in nicht in Vorleistung geht, zum Beispiel, weil er*sie sich weigert, können sich Beschäftigte mit ihrem Entschädigungsanspruch direkt an das Landesamt/die Landesbehörde wenden. Sollten Beschäftigte im Laufe der Quarantäne tatsächlich erkranken, erhalten sie Entgeltfortzahlung bei Krankheit und anschließend (nach 6 Wochen) Krankengeld von der Krankenkasse.

11. Ich stehe unter Quarantäne ohne erkrankt zu sein. Was bedeutet das für meine Arbeit?
Was passiert mit meiner Arbeit und meinem Lohn, wenn ich persönlich unter Quarantäne stehe ohne bereits selbst erkrankt zu sein – etwa weil ich Kontakt zu Corona-Infizierten hatte?

Grundsätzlich schuldet der*die Arbeitgeber*in den Beschäftigten weiterhin die Vergütung, wenn sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der eigenen Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Arbeit gehindert sind (§ 616 S. 1 BGB). Die ältere Rechtsprechung geht hier von einem Zeitraum von bis zu sechs Wochen aus (BGH v. 30.11.1978, III ZR 43/77). Ob dieser Regel auch in der aktuellen Pandemie-Situation greift, ist allerdings umstritten. Zudem kann diese Lohnfortzahlungspflicht des*der Arbeitgebers*Arbeitgeberin durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder begrenzt werden.

Erleidet der*die Arbeitnehmer*in einen Verdienstausfall aufgrund der Quarantäne, greift eine staatliche Entschädigungszahlung nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 56 Abs. 1 IfSG). Wie in der letzten Frage beschrieben – der*die Arbeitgeber*in tritt hier in Vorleistung, kann aber die Erstattung der Entschädigung bei der zuständigen Behörde beantragen. Zudem gilt auch hier: Beschäftigte, die selbst an Corona erkranken und dadurch arbeitsunfähig sind, erhalten nach den "normalen" Regeln die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (EFZG).

12. Lohn bei Kinderbetreuung zu Hause wegen Corona?
Wie steht es um meine Arbeit und meinen Lohn, wenn aufgrund des Corona-Virus der Kindergarten oder die Schule meines Kindes geschlossen hat? Kann ich dann zu Hause bleiben und bekomme ich weiterhin mein Geld?

Dazu finden Sie weitere Informationen unter diesem Link.

13. Gekündigt "wegen Corona"?
Mein*e Arbeitgeber*in hat mir "wegen Corona" gekündigt – was muss ich beachten?

Eine Kündigung muss, damit sie rechtmäßig ist, sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet – es braucht dafür sachliche Gründe. Die aktuelle Krise ist nicht automatisch ein solcher Grund. Mehrere Kündigungen, die "wegen Corona" ausgesprochen wurde, haben Arbeitsgerichte inzwischen für unwirksam erklärt. So hat ein Arbeitsgericht (ArbG Berlin, 25.8.2020 - 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20 und 34 Ca 6668/20) entschieden, dass ein Hinweis auf einen starken Umsatzrückgang infolge der Pandemie keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung darstellt. In Betrieben mit Kurzarbeit sind betriebsbedingte Kündigungen problematisch: denn die Leistung von Kurzarbeit spricht gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf und damit gegen betriebsbedingte Kündigungen (ArbG Berlin, 5.11.2020 - 38 Ca 4569/20). Auch die Möglichkeiten von Arbeit in Homeoffice sollen bei Kündigungen beachtet werden. So kann eine Änderungskündigung mit dem Ziel, einen anderen Arbeitsort zuzuweisen unwirksam sein, wenn Arbeit von Zuhause beim Vorliegen technischer Voraussetzungen möglich wäre. In diesem Fall wies das Arbeitsgericht (ArbG Berlin, 10.8.2020 - 19 Ca 13189/19) darauf hin, dass die stärkere Verbreitung des Arbeitens im Homeoffice aufgrund der Pandemie zeige, dass Arbeiten von zuhause aus möglich sei.

Ihr solltet keinesfalls einfach so eine Kündigung hinnehmen, sondern sie in jedem Fall rechtlich überprüfen lassen. Wichtig zu wissen: Eine Klage gegen die Kündigung muss innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen – das gilt auch in Zeiten der Corona-Pandemie. Ausnahmsweise ist die nachträgliche Zulassung verspäteter Klagen möglich, wenn der*die Arbeitnehmer*in trotz Anwendung aller ihm*ihr nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt daran gehindert ist, die Klage innerhalb von drei Wochen einzureichen. Dieser Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig und kann nach sechs Monaten ab Ende der Frist gar nicht mehr gestellt werden (§ 5 Abs. 3 KSchG).

14. Busse und Bahnen fahren nicht und ich komme nicht zur Arbeit - gibt es trotzdem Lohn?
Ich komme mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr zur Arbeit - bekomme ich weiter mein Geld?

Nein. Das Risiko des Arbeitsweges liegt bei dem*der Arbeitnehmer*in - wie sonst auch (etwa im Winter bei Schnee und Glatteis). Wenn man also den Arbeitsplatz nicht erreichen kann, hat man auch keinen Anspruch auf die Vergütung für die ausgefallene Arbeitszeit.

Kann ich der Arbeit fernbleiben wenn ich Angst haben, mit auf dem Weg in den öffentlichen Verkehrsmitteln anzustecken?

Auch hier gilt: Das Risiko des Arbeitsweges liegt bei den Arbeitnehmer*innen. Allerdings räumen inzwischen viele Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten, besonders wenn die zu den Risikogruppen gehören, die Möglichkeit des Arbeitens von Zuhause aus ein. In den meisten Betrieben gibt es inzwischen Hygieneschutzkonzepte, die auf Belange von Risikogruppen Rücksicht nehmen. Beispielsweise können (Kern-)Arbeitszeiten so gelegt werden, dass der Anfahrtsweg zum Arbeitsplatz in der Rushhour vermieden wird. Ihr solltet in jedem Fall mit Eurem Betriebs- oder Personalrat Rücksprache halten, ob es bei Euch entsprechende Regeln gibt oder direkt mit dem*der Arbeitgeber*in das Gespräch suchen.

15. Anderen Job während Betriebsschließung annehmen?
Mein*e Arbeitgeber*in hat seinen*ihren Betrieb geschlossen - kann ich eine andere Arbeit annehmen in der Zeit?

Grundsätzlich ja, eine sogenannte Nebentätigkeit ist dem*der Arbeitgeber*in allerdings mindestens (je nach vertraglicher Vereinbarung) anzuzeigen. Da es sein kann, dass Ihr die ursprüngliche Arbeit jederzeit wieder aufnehmen müsst, müsst Ihr mit Eurem*Eurer "Zwischenarbeitgeber*in" gegebenfalls sehr kurze Kündigungsfristen vereinbaren.

16. Darf der*die Arbeitgeber*in wegen Corona verlangen, dass ich eine andere Tätigkeit ausübe?
Mein Betrieb muss schließen, mein*e Arbeitgeber*in will aber, dass ich während der Schließung eine andere Arbeit erbringe als bislang (zum Beispiel als Erzieherin Reinigungsarbeiten in der Kita ausführen). Muss ich mich darauf einlassen?

Es kommt immer darauf an, was genau für eine Tätigkeit im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Das Direktionsrecht des*der Arbeitgeber*in wird durch die aktuelle Situation nicht erweitert. Auf der anderen Seite muss man da manchmal gegebenenfalls auch etwas pragmatisch sein: Auch eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung sichert den weiteren Bezug des Gehalts und verschiebt den Bezug von Kurzarbeitergeld nach hinten.

17. Kann ich genehmigten Urlaub bei dem*der Arbeitgeber*in zurückziehen?
Mein Urlaub wurde bereits genehmigt, jetzt kann ich wegen der Corona-Pandemie nicht verreisen. Kann ich meinen bewilligten Urlaub zurücknehmen?

Die Tatsache, dass Du derzeit Deinen Urlaub nicht genießen kannst, gibt Dir leider kein Recht, den bereits bewilligten Urlaub zurückzufordern. Der*die Arbeitgeber*in schuldet Dir bezahlte Freistellung von der Arbeit, verantwortet aber nicht, wenn Du Deinen Urlaub nicht wie geplant verbringen kannst. Ein "Stornierungsrecht" gegenüber dem*der Arbeitgeber*in gibt es nicht, genauso wie Du Deinen Urlaub nicht auf die Zeit "nach Corona" aufsparen kannst. Der gesetzliche Erholungsurlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden, nur in Ausnahmefällen kann er auf das erste Quartal des Folgejahres übertragen werden – Regelungen mit längeren Übertragungszeiträumen gibt es in manchen Tarifverträgen. Hier hat sich auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie grundsätzlich nichts geändert.

Was gilt für mein Recht auf Urlaub, wenn ich wegen einer Covid_19-Erkrankung in Kurzarbeit war?

Einige Arbeitgeber*innen vertreten die Auffassung, aufgrund der Kurzarbeit wird das Recht auf Urlaub gekürzt oder reduziert. Auch wenn diese Frage noch nicht durch die Arbeitsgerichte abschließend geklärt ist, gibt es aus unsere Sicht gute Argumente, die dafür sprechen, dass auch im Falle der Kurzarbeit der Urlaub vollumfänglich erhalten bleibt. Mehr dazu finden Sie hier...

18. Was gilt für Grenzgänger*innen?
Was gilt für Beschäftigte, die als Grenzgänger*innen aus dem Ausland nach Deutschland zur Arbeit kommen beziehungsweise deutsche Beschäftigte, die im Ausland als Grenzgänger*in arbeiten, aber die Grenzen geschlossen sind?

Hierauf gibt es keine pauschale Antwort. Solange der Grenzverkehr für Berufspendler*innen zugelassen ist, können die Grenzgänger*innen grundsätzlich zu ihren Betrieben gelangen. Für diejenigen, die von Betriebsschließungen betroffen sind, gelten dieselben Regeln wie für deren Arbeitskolleg*innen aus dem Inland.

19. Kann der*die Arbeitgeber*in einen Corona-Test oder eine Impfung verlangen?

In einigen Betrieben gibt es spezielle betriebliche Regelungen, die eine Testungspflicht regeln. In bestimmten Bereichen, in denen eine potenzielle Infektion besonders gravierende Auswirkungen hätte, etwa in Krankenhäusern, ist im Rahmen eines betrieblichen Arbeitsschutzkonzeptes regelmäßige Testung vorgesehen. Von diesen Fällen abgesehen, können Arbeitgeber*innen nicht generell aus bloßer Vorsicht einen Test anordnen und Beschäftigte müssen dieser Anordnung keine Folge leisten. Nimmt der*die Arbeitgeber*in Deine Arbeit ohne Test nicht an, obwohl Du sie ordnungsgemäß angeboten hast, muss er*sie die Vergütung trotzdem zahlen.
Hat der*die Arbeitgeber*in allerdings konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Du infiziert sein könntest, beispielsweise weil Du Krankheitssymptome aufweist, kann er Dir die Beschäftigung verweigern, solange Du kein ärztliches Attest vorlegst. Das folgt daraus, dass der*die Arbeitgeber*in generell geeignete Maßnahmen ergreifen muss, andere Beschäftigte vor Ausbreitung von Krankheiten im Betrieb zu schützen.

Alles rund um Corona-Impfung und Beruf findet Ihr beim DGB

20. Was gilt für Minijobber*innen in der Corona-Krise?
Welche Besonderheiten gelten für Minijobber*innen?

Auch Minijobber und Minijobberinnen genießen grundsätzlich die selben Recht wie alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie haben also zum Beispiel Recht auf Schutz vor Kündigung und – falls ihr Betrieb schließt – das Recht auf Lohnersatz nach den für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltenden Regeln. Nur unter die Regelungen zur Kurzarbeitsgeld fallen die Minijobber*innen nicht, da Kurzarbeitergeld für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte vorgesehen ist.

21. Muss der*die Arbeitgeber*in der Belegschaft mitteilen, wenn ein Kollege infiziert ist?
Wenn sich ein Beschäftigter infiziert hat und positiv getestet wurde, muss der*die Arbeitgeber*in dann die Kolleg*innen darüber informieren, um welche Person es sich handelt?

Grundsätzlich schuldet der*die Arbeitnehmer*in dem*der Arbeitgeber*in keine Information über die Gründe seiner Arbeitsunfähigkeit – dieser Grundsatz gilt auch bei Corona. Ein*e Arbeitgeber*innen, der*die von einer Corona-Infektion in seinem*ihrem Betrieb erfährt, weil ihm*ihr der*die Beschäftigte von sich aus darüber informiert hat, ist allerdings verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die restliche Belegschaft vor Ansteckung zu schützen. Welche Maßnahmen das sind und ob die Belegschaft über die Person des Infizierten erfahren soll, hängt stark vom Einzelfall ab. Deshalb sollten Arbeitgeber*innen hier am besten im engen Austausch mit den Gesundheitsbehörden handeln. Dabei muss eine Stigmatisierung der infizierten Beschäftigten verhindert werden.

22. Was gilt für chronisch kranke oder vorerkrankte Beschäftigte?
Ich gehöre aufgrund meiner Vorerkrankung / meiner chronischen Erkrankung zu der Risikogruppe. Deshalb ist meine Befürchtung, mich mit dem Corona-Virus anzustecken, besonders groß. Muss ich trotzdem zu Arbeit und falls ja: welche Schutzmaßnahmen darf ich von meinem*meiner Arbeitgeber*in verlangen?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die arbeitsfähig sind und deren Betrieb arbeitet, sind grundsätzlich verpflichtet, zur Arbeit zu erscheinen. Was aber konkret gemacht werden muss, um die Risikogruppen zu schützen, kann nicht pauschal beantwortet werden. Bei einer Pandemie sind aufgrund der Übertragungswege, die einzelnen Berufsgruppen unterschiedlich stark betroffen. Oft kennt der*die Arbeitgeber*in die Vorerkrankungen seiner Beschäftigten nicht und braucht sie auch nicht zu kennen. Jedoch ist er nach Arbeitsschutzgesetz verpflichtet die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung möglichst vermieden oder gering gehalten wird. In kleineren Unternehmen ohne betriebliche Interessensvertretung können Beschäftigte sich im Rahmen einer Wunschvorsorge jederzeit an den Betriebsarzt wenden und ihre diesbezüglichen Bedenken besprechen. Der Betriebsarzt kann sinnvolle Schutzmaßnahmen bei dem*der Arbeitgeber*in initiieren.

In Betrieben mit betrieblicher Interessensvertretung haben die Beschäftigten ebenso diese Möglichkeit, alternativ können sie sich aber auch jederzeit an den Betriebs- oder Personalrat wenden, Schwerbehinderte an die Schwerbehindertenvertretung, Auszubildende an die Jugend- und Auszubildendenvertretung. Im Idealfall verständigt sich die betriebliche Interessensvertretung, mit den von dem*der Arbeitgeber*in beauftragten Fachkräften für Arbeitssicherheit und den Betriebsärzt*innen über die Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Beschäftigte.

23. Vorsorgemaßnahmen im Betrieb und Rechte von Betriebsräten?
Welche Vorsorgemaßnahmen muss mein*e Arbeitgeber*in ergreifen, um mich vor Corona zu schützen? Welche Möglichkeiten haben Betriebsräte diesbezüglich?

Der*die Arbeitgeber*in hat gegenüber seinen*ihren Beschäftigten eine arbeitsvertragliche Schutz- und Fürsorgepflicht. Deshalb muss er*sie dafür sorgen, dass Erkrankungsrisiken und Gesundheitsgefahren im Betrieb so gering wie möglich bleiben. Die Grundpflichten der*des Arbeitgeberin*Arbeitgebers ergeben sich aus §3 ArbSchG. Je nach Art des Betriebes – etwa in einem Betrieb mit viel Kundenkontakt – kann aus der Schutzpflicht zu einer konkreten Verpflichtung, zum Beispiel Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen, folgen. Zudem sind Arbeitgeber*innen verpflichtet, ihre Beschäftigten in Bezug auf die einzuhaltenden Hygienemaßnahmen und Schutzvorkehrungen zu unterweisen. Das bedeutet, dass den Beschäftigten erklärt werden muss, wie sie Ansteckungsrisiken minimieren. Sie können zum Beispiel zum regelmäßigen Hände waschen angehalten werden.

Siehe auch die zehn Maßnahmen zum Arbeitsschutz im Betrieb, die dies anschaulich verdeutlichen.

Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat oder Personalrat, sind solche Hygieneanweisungen seitens der*des Arbeitgeberin*Arbeitgebers, die in aller Regel Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb berühren, nach § 87 Nr.1 und Nr. 7 BetrVG und § 75 Abs. 3 Nr. 11 und 15 BPersVG mitbestimmungspflichtig. Der jeweiligen Interessenvertretung ist daher zu empfehlen, sehr schnell gemeinsam mit dem Arbeitsschutzausschuss nach § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) die Gefährdungslage im Betrieb zu beraten. Die gemeinsame Sitzung sollte dazu genutzt werden, um die Reihenfolge und Arbeitsteilung zu Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung, Betriebsanweisung, genereller Information und möglichen Maßnahmen (persönliche Schutzausrüstungen) zügig in Gang zu setzen. Auch die Biostoffverordnung gibt Handlungsspielräume für die Interessenvertretungen.

24. Betriebsratssitzungen wegen Corona per Videokonferenz? Beschlüsse per Umlaufverfahren?
Können Betriebsrats-, Gesamtbetriebsrats-, Konzernbetriebsrats und Europäische Betriebsratssitzungen per Umlaufverfahren oder Videokonferenz durchgeführt werden?

Nach herrschender Meinung in der Rechtslehre und Rechtsprechung sind Beschlussfassungen im Umlaufverfahren in Sitzungen des Betriebsrats (BR) nicht zulässig, denn § 33 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verlangt für Beschlussfassungen des Betriebsrats die Anwesenheit der BR-Mitglieder. Anwesenheit im Sinne dieser Bestimmung bedeutet grundsätzlich die (gleichzeitige) Anwesenheit an einem Ort. Eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass eine Meinungsbildung und -kundgabe zeitlich versetzt durch die einzelnen BR-Mitglieder erfolgt. Eine vom Gesetz für gültige Beschlussfassungen vorausgesetzte Kommunikation und - gegebenenfalls kontroverse - Diskussion der BR-Mitglieder untereinander kann in dieser Form gerade nicht stattfinden. Dies gilt ebenso für Sitzungen von unter anderen GBR, KBR, JAV und EBR.

Die rechtliche Unzulässigkeit von Betriebsratssitzungen und Unwirksamkeit von Beschlussfassungen, die nicht im Rahmen einer Präsenzsitzung erfolgen, gilt grundsätzlich, das heißt vorbehaltlich einer Gesetzesänderung, auch für Sitzungen per Video- und Telefonkonferenz beziehungsweise fernmündliche Beschlussfassungen. Allerdings haben Bundestag und Bundesrat im Mai 2020 mit § 129 BetrVG "Sonderregelungen aus Anlass der Covid-19-Pandemie" rückwirkend zum 1. März 2020 beschlossen, der die Teilnahme an Sitzungen des BR und anderen betriebsverfassungsrechtlichen Gremien sowie die Beschlussfassung mittels Video- und Telefonkonferenz unter bestimmten – in dieser Regelung näher formulierten – Voraussetzungen zulässt. Diese Regelungen waren bis zum 31. Dezember 2020 befristet und wurdenbis zum 31. Juni 2021 verlängert. Diese "Sonderregelungen" dienen ausschließlich der Gewährleistung der Arbeits-, Sitzungs- und Beschlussfähigkeit des Betriebsrats unter den Bedingungen der Pandemie (etwa Abstands- und Reiseverbote) und treten – wie gesetzlich vorgesehen - am 1. Juli 2021 außer Kraft. Gleiches gilt in parallelen Vorschriften für den Europäischen Betriebsrat im EBRG, den Betriebsrat in einer Europäischen Gesellschaft im SE-BG, den Betriebsrat in einer Europäischen Genossenschaft im SEC-BG und den Sprecherausschuss im SprAuG.