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DGB: Bezahlbare Mieten statt Mini-Gemeinnützigkeit

Mehrfamilienhäuser
(Foto: Anne Nygård / Unsplash)
25.09.2024
Wohnungsbau

Am 25. September soll das Jahressteuergesetz 2024 in erster Lesung im Bundestag diskutiert werden. Darin enthalten: die Sparversion einer "neuen Wohngemeinnützigkeit", die im Rahmen der Abgabenordnung eingeführt werden soll.

Die Wiedereinführung einer Wohngemeinnützigkeit war von der Bundesregierung versprochen worden und wäre eigentlich ein wichtiges Instrument, um in Deutschland langfristig bezahlbaren Wohnraum durch gemeinnützige Wohnungsunternehmen zu schaffen. Die Idee ist simpel: Unternehmen bieten ihre Wohnungen dauerhaft zu günstigen Preisen an, verzichten auf hohe Renditen und investieren ihre Gewinne in die Sanierung und Erweiterung ihres Bestands. Dafür profitieren sie von Steuererleichterungen und Zuschüssen.

Was jetzt unter der Überschrift "Wohngemeinnützigkeit" ins Jahressteuergesetz geschrieben und von Ministerin Geywitz als "weitere starke Säule für mehr bezahlbaren Wohnraum" bejubelt wurde, ist allerdings nicht mehr als eine Nebelkerze. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Begriff der Gemeinnützigkeit in der Abgabenordnung zukünftig auf wohnungswirtschaftliche Zwecke ausgedehnt wird. Diese Möglichkeit der "gemeinnützigen" Vermietung kommt jedoch nur wenigen gemeinnützigen Trägern und Einrichtungen zugute, die ihre Wohnungsbestände entsprechend steuervergünstigt vermieten können. Der Adressatenkreis der im Gesetzentwurf vorgesehenen "Gemeinnützigkeit light" ist daher sehr begrenzt.

Schätzungen zufolge werden zukünftig lediglich etwa 105 000 Mieter*innen in Deutschland von dieser Gemeinnützigkeit profitieren können. Gemessen an der Gesamtzahl der Mieter*innen in Deutschland (rund 42 Millionen) sind das etwa 0,25 Prozent. Der Großteil der Mieter*innen hat nichts von der neuen Regelung, weil er in Wohnungen lebt, die privaten Eigentümer*innen und privatwirtschaftlichen Unternehmen gehören oder durch landeseigene und kommunale Wohnungsunternehmen angeboten werden. Es ist davon auszugehen, dass kaum ein privates oder kommunales Unternehmen ohne Investitionszulagen Bestände in eine gemeinnützige Rechtsform überführen oder neuen bezahlbaren Wohnraum schaffen wird.

Um den gemeinnützigen Wohnungssektor langfristig auszubauen und einen nennenswerten Bestand an bezahlbaren Wohnungen zu schaffen, bedarf es einer Wohnungsgemeinnützigkeit mit Investitionszulagen, weitreichenden Steuervergünstigungen und der verbilligten Bereitstellung öffentlicher Grundstücke für Wohnungsbauvorhaben. Im Gegenzug müssen sich die gemeinnützigen Unternehmen verpflichten, dauerhaft bezahlbare Mietwohnungen für untere und mittlere Einkommen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sind die Gewinnbeschränkung und die Zweckbindung des Vermögens zentrale Bausteine, um die Reinvestition der Mittel in den gemeinnützigen Wohnungsbau sicherzustellen.

Wenn die Koalition das Wohnungsproblem, die ständig steigenden Mieten und die weiter auslaufenden Sozialbindungen wirklich als Problem angehen will, kommt sie um die Einführung einer echten Wohnungsgemeinnützigkeit nicht herum. Wenn der Bundestag es bei der jetzt geplanten Änderung in der Abgabenordnung belässt, ist das nicht viel mehr als ein Ablenkungsmanöver.

Der Beitrag stammt ursprünglich aus DGB klartext – der Newsletter zur Wirtschafts- und Steuerpolitik Nr. 27/2024.

Offener Brief

Aus Anlass der Debatte über die neue Wohngemeinnützigkeit fordern der Deutsche Mieterbund (DMB), Gewerkschaften, Wohlfahrts-, Verbraucher- und Umweltverbände in einem offenen Brief umfangreiche Änderungen am Konzept der Bundesregierung und Nachbesserungen im parlamentarischen Prozess.

Der offene Brief.