Marion Werner und Jan Radestock
(Foto: zplusz)
02.04.2021
E wie Ehrenamt

Der Gesamtbetriebsrat von Opterra Zement vertritt rund 250 Beschäftigte. "Ein Betriebsrat muss Verständnis und Einfühlungsvermögen gegenüber jedem und jeder Einzelnen mitbringen können", sagt die Betriebsratsvorsitzende Marion Werner.  Zusammen mit ihrem Stellvertreter Jan Radestock und sieben weiteren Betriebsratsmitgliedern kümmert sie sich um die Interessen der Beschäftigten.

Als Jan Radestock 2010 zum ersten Mal für den Betriebsrat von Opterra Zement in Karsdorf in Sachsen-Anhalt kandidierte, war er im Tagebau tätig: "Es war mir wichtig, dass mein Bereich vertreten ist – wenn man nur über ein langes Band mit dem Betrieb verbunden ist, muss man umso mehr kommunizieren." Heute ist der 36-jährige Elektroniker für die Störungsbeseitigung in einem Anlagenabschnitt des Werks zuständig und seit 2014 stellvertretender Vorsitzender des neunköpfigen Betriebsrates.

Dem gehörte Marion Werner schon an, als Radestock kam: "Ich war Sachbearbeiterin im Betriebsrats-Büro und habe mich 2002 in den Betriebsrat wählen lassen, weil ich Einfluss auf betriebliche Abläufe nehmen wollte zum Wohl der Beschäftigten und gegen Ungerechtigkeit." Seit 2009 ist die 56-Jährige freigestellte Betriebsratsvorsitzende und laut Radestock "das Bindeglied im Betriebsrat ebenso wie im Betrieb insgesamt und zum Arbeitgeber".

Verkaufspläne lösten Ängste aus

Das Opterra-Werk in Karsdorf, einst volkseigener Betrieb, verkaufte die Treuhand 1992 an den französischen Baustoffkonzern Lafarge. 2015 übernahm der irische CRH-Konzern alle deutschen Lafarge-Standorte und nannte sie in "Opterra Deutschland" um. 2017 sollte das Karsdorfer Werk verkauft werden, doch das Kartellamt äußerte Bedenken, der Käufer verzichtete. "Das war mit vielen Ängsten der Beschäftigten verbunden", erinnert sich Radestock.

Und mit Veränderungen in der IT, aus denen der Betriebsrat Konsequenzen zog: "Da wurden Abläufe und Software erst integriert, dann wieder ausgegliedert, das war ein Hin und Her", erzählt Radestock. In einem dreitägigen Seminar mit einem Profi entstand die Gesamtbetriebsvereinbarung Rahmen-IT: "Darauf sind wir sehr stolz, weil sie den Datenschutz gewährleistet und flexibel für neue Programme ist. Wir haben lange gedacht, die Digitalisierung betrifft uns nicht so wie zum Beispiel die Autoindustrie – aber wir sind schon mittendrin." Stolz ist der Betriebsrat auch auf die Einführung der elektronischen Zeiterfassung, die nach mancher Skepsis alle positiv sehen.

In Sachen Corona-Pandemie lobt der Betriebsrat die Werksleitung: kostenlose Schnelltests durch eine medizinische Fachkraft und Masken für die Beschäftigten, Fiebermessung am Werkstor und vorbildliche Regeln für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Und eine Homeoffice-Regelung, von der sich der Betriebsrat wünscht, dass sie die Pandemie überdauert.

Werner ist auch in mehreren Fachgremien der IG BAU für die Zement- und Dämmstoffindustrie tätig: "Da braucht man Organisationstalent, man muss Gesetze und Vorschriften kennen." Radestock nennt Offenheit als wichtige Eigenschaft eines Betriebsrates: "Du musst auf die Kollegen zugehen können, ohne Schranken. Und ich musste lernen, in Verhandlungen mit der Werksleitung nicht zu emotional zu werden: Jeder hat seine Vorgaben. Aber gut vorbereitet musst du sein – wenn du keine Argumente hast, wirst du auseinandergenommen."

Kommunikation ist großes Thema

Ein großes Thema ist die Kommunikation im Werk. "Vorgesetzte denken oft, sie kommunizieren doch auf allen Kanälen mit den Beschäftigten. Trotzdem gibt es Missverständnisse, und das führt auch zu psychischen Belastungen", sagt Radestock. Damit auch die Kommunikation zwischen Beschäftigten und Betriebsrat stimmt, berichtet dieser regelmäßig mit einem Infoblatt, was er tut – "damit die nicht denken, die trinken nur Kaffee und essen Plätzchen". 

Text: Hellmuth Vensky