Anke Fieseler
(Foto: zplusz)
20.01.2022
E wie Ehrenamt

"Eine gerechte Entlohnung ist mir wichtig." Ihre Kolleg*innen sollen bekommen, was ihnen zusteht, findet Anke Fieseler. Darum engagiert sie sich nicht nur im Betriebsrat des Spenner Zementwerk Berlin, sondern auch in der Tarif- und der Verhandlungskommission sowie im Arbeitskreis Zement Ost der IG BAU.

Seit 2004 arbeitet die gelernte Baustoffprüferin beim Spenner Zementwerk Berlin, einem Standort der Spenner Unternehmen. Im Abendstudium hat sie sich zur staatlich geprüften Bautechnikerin weitergebildet und die Qualifikation 2010 abgeschlossen. 2014 stellte sich Anke gemeinsam mit weiteren Kolleg*innen erstmals zur Betriebsratswahl auf: "Wir wollten mehr Mitbestimmungsrechte im Betrieb durchsetzen", erklärt sie. Als 2016 der bisherige Betriebsratsvorsitzende in den Ruhestand ging, übernahm sie die Leitung des Fünfer-Gremiums. Eines ihrer Hauptanliegen war, eine unvorteilhafte Betriebsvereinbarung zu erneuern, die festlegte, dass alle Neueingestellten auf den niedrigsten Entgeltstufen anfangen. "Das fand ich extrem ungerecht", meint Anke. Der Betriebsrat hat inzwischen gemeinsam mit der Geschäftsführung einen Stellenplan geschaffen, der für jede Tätigkeit eine entsprechende Lohngruppe vorsieht. Der Arbeitgeber muss innerhalb von drei Jahren die Entgelte der rund 90 Beschäftigten entsprechend anpassen.

Grundsätzlich setzt Anke eher auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung als auf Konfrontation. So konnte sie mit ihrem Gremium schon etliche Betriebsvereinbarungen im Sinne der Beschäftigten erneuern oder neu aufsetzen, beispielsweise zur Video- und Kameraüberwachung, zur Regelung des Zeitkontos oder zur Rufbereitschaft. "Nach vielen Verhandlungen konnten wir 2018 mit dem Arbeitgeber auch endlich eine Zahlung der Mehrarbeitszuschläge aushandeln, welche uns laut Tarifvertrag eigentlich schon viel eher zugestanden hätte." Weitere Betriebsvereinbarungen, die teilweise noch aus den 1990er-Jahren stammen, sollen nach und nach aktualisiert werden.


Besser geschützt dank IG BAU

Aktuelles Projekt ist der neue Schichtplan: "Ein heikles Thema", meint Anke, bei dem es auch innerhalb der Belegschaft und des Betriebsrats unterschiedliche Meinungen gibt. Der inzwischen ausgehandelte Kompromiss soll demnächst in die Testphase gehen.

In die Gewerkschaft ist Anke 2016 eingetreten, nachdem sie zur BR-Vorsitzenden gewählt wurde. "Ich fühle mich dadurch einfach besser geschützt", erklärt sie. Seit 2018 ist Anke Mitglied der Tarif- und der Verhandlungskommission Zement Ost: "Ich finde das total spannend und toll, dass man in den Tarifverhandlungen auch mal die Arbeitgeber sieht und deren Argumente hört." Die Betriebsratsschulungender IG BAU schätzt sie sehr: "Es tut immer gut, die Kolleg*innen zu sehen, und der Austausch ist extram hilfreich".

Den Organisationsgrad in ihrem Werk würde Anke gerne steigern. "Viele sehen nicht die Notwendigkeit, Mitglied zu werden, da sie von den Tarifverträgen ja auch so profitieren", moniert sie. Umso mehr hat sie sich gefreut, als an einer "aktiven Mittagspause" als betriebliche Aktion im Rahmen der diesjährigen Tarifverhandlungen zahlreiche Kolleg*innen teilnahmen: "Mit der Aktion wollten wir die Forderungen der IG BAU unterstützten. Es ist gut, da ein Zeichen zu setzen", betont sie. Mit dem Abschluss ist sie zufrieden, findet aber, dass das Tarifgebiet Ost immer noch zu stark hinter den westlichen Tarifgebieten hinterher hängt, etwa mit Blick auf die Arbeitszeit und ein volles 13. Monatseinkommen als Jahresschlusszahlung. Als aktuelle Herausforderungen ihrer Branche sieht sie die CO2-Zertifikate sowie die Verteuerung von Rohstoffen – und damit die Gefahr, dass die Unternehmen versuchen werden, am Personal zu sparen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Eine Aktualisierung des Entgeltgruppenkatalogs von 1999 steht ebenfalls an. Viele Aufgaben für die IG BAU und ihre Aktiven – Anke meint: "Wir müssen einfach noch viel mehr werden, um stärker zu werden."

Text: Cordula Binder