Einer von uns: Jonny Deckel
Als Betriebsratsvorsitzender ebenso wie als Polier sieht er sich als Bindeglied zwischen den Beschäftigten und der Geschäftsführung. "Ich bin sehr gerne für die Leute da, wenn sie Hilfe brauchen. Aber ich muss auch sehen, wie es mit der Firma weitergeht. Wenn es der Firma wirtschaftlich gut geht, geht es uns als Beschäftigten auch gut", meint Jonny.
Der gelernte Kanalbauer hat 2005 im Geschäftsbereich Berlin der TRP Bau GmbH angefangen; der Hauptsitz der Firma mit ihren rund 200 Beschäftigten und fünf Standorten ist in Teltow (Brandenburg). Die Firma hat seine Weiterentwicklung stets unterstützt: Jonny konnte sich zum Vorarbeiter und Werkpolier fortbilden, seit 2012 ist er geprüfter Polier mit Ausbilderschein.
"Ich mache meinen Job mit Herzblut", sagt Jonny. Spätestens um sieben Uhr beginnt sein Arbeitstag auf der ersten Baustelle: Gucken ob alle da sind, Leute einweisen, mit ihnen sprechen. Dann geht’s weiter auf die nächsten Baustellen, drei bis vier am Tag. Dazu kommt die Büroarbeit: Arbeitsplanung, Berichte schreiben, Telefonate führen, Material bestellen für die jeweiligen Baustellen. "Wenn’s morgens im Container den ersten Kaffee gibt, will ich keinen mit ‘nem hängenden Gesicht sehen. Ich freu‘ mich auf die Arbeit, auf die Kollegen, das versuche ich auch so vorzuleben. Es soll alles auch Spaß machen", erklärt er seine Arbeitsphilosophie.
Im Betriebsrat ist Jonny seit 2018, im vergangenen Mai wurde er zum Vorsitzenden gewählt. "Ich möchte was bewegen. Als Betriebsratsvorsitzender hat man ein paar Hebel mehr, bekommt mehr Infos." Da er als Polier mit den Bauarbeitern im Kontakt ist, bekommt er hautnah mit "was los ist, wie die Gemütslage ist, wo man vielleicht gegensteuern muss". Umgekehrt kann er den Beschäftigten auch Entscheidungen und Aktivitäten der Geschäftsführung erläutern. "Bisher läuft bei uns zum Glück noch alles gut. Aber schwieriger wird es werden, wenn es zukünftig in unruhige Gewässer geht."
Mehr Wertschätzung fürs Handwerk
Als eines der drängendsten Themen sieht Jonny den Fachkräftemangel. "Im Geschäftsbereich Berlin waren wir bis vor ein paar Jahren um die 80 Leute, jetzt sind es noch 60. Auch unsere 20 Ausbildungsplätze konnten wir in den letzten zwei, drei Jahren nicht mehr komplett besetzen, und maximal 30 Prozent der Azubis beenden ihre Ausbildug." Die Firma mache schon viel, geht in Schulen und auf Ausbildungsmessen. Auch mit der IG BAU möchte Jonny Projekte entwickeln, um wieder mehr Nachwuchs zu bekommen. Die Wertschätzung für Handwerksberufe zu steigern, sei aber ebenso Aufgabe der Politik. "Auch mit Mittlerer Reife oder Abitur kann man auf den Bau gehen und sich weiterentwickeln. Das müssen wir den jungen Leuten näherbringen. Man müsste eigentlich schon in den Kindergarten gehen mit einem Minibagger. Und in der Schule mehr über Handwerksberufe informieren, vor allem das auch erlebbar machen: Wie toll es ist, mit den eigenen Händen etwas zu schaffen! Und wir verdienen auf dem Bau ja auch gutes Geld, das wissen viele Schulabgänger sicher gar nicht."
Dass es auf dem Bau in nächster Zukunft nicht so positiv weitergehen wird wie in den vergangenen Jahren, sieht Jonny als Herausforderung: "Wichtig ist, dass man sich nicht nur Sorgen macht, sondern auch Lösungsansätze findet – mit der Gewerkschaft, mit den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb, mit der Geschäftsführung. Wenn wir das hinkriegen, dann bin ich zufrieden."
Text: Cordula Binder
Der Beitrag ist ursprünglich in der November-Ausgabe des Grundstein erschienen.