Kai Hildebrandt
(Foto: zplusz / Franz Fender)
25.01.2023
E wie Ehrenamt

"Gewerkschaft ist, was man selbst draus macht" Mitreden, mitentscheiden, mitgestalten – das ist Kai Hildebrandt wichtig. Darum engagiert sich der Büroleiter des Forstbereichs der Landwirtschaftskammer Niedersachsen seit der Schulzeit in Ehrenämtern und Gremien. Auch liegt ihm zupacken mehr als zusehen, etwa als freiwilliger Waldbrandbekämpfer im internationalen Einsatz.

Kai ist neben der Freiwilligen Feuerwehr auch Mitglied von @fire. Der Verein leistet international Hilfe bei Naturkatastrophen. "Beruf und Hobby sind bei mir sehr stark verknüpft", meint er. Der studierte Förster ist bei @fire Fachberater für Sicherheit und Taktik und war über eine europäische Waldbrandeinheit des Landes Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren bei Einsätzen in ganz Europa dabei, zuletzt bei den großen Waldbränden in Frankreich in diesem Sommer. "Das Feuer südlich von Bordeaux war innerhalb kurzer Zeit auf 6000 Hektar angewachsen, da haben sie den europäischen Mechanismus alarmiert. Wir haben um  15 Uhr die Nachricht erhalten, dass wir dabei sind, um 18 Uhr sind wir losgefahren – gepackt und alles andere organisiert für die nächsten zwei Wochen." Elf Tage war er gemeinsam mit Kollegen aus Polen und Österreich vor Ort, um die französischen Einsatzkräfte zu entlasten. "Ich finde diese gegenseitige europäische Hilfe in Katastrophenfällen großartig und bin froh, Teil davon zu sein. Die Wertschätzung der Betroffenen für unsere Arbeit macht auch alle Anstrengungen wett", meint Kai. "Allerdings schaffe ich das nur, weil mir meine Freundin dann hier zuhause den Rücken freihält und die Versorgung meiner pflegebedürftigen Mutter übernimmt." Niedersachsen stellt zurzeit eine ähnliche Einheit auf, bei der Kai stellvertretender Zugführer ist. Auch deutschlandweit ist er bei Waldbränden im Freiwilligeneinsatz, und außerdem ehrenamtlicher Waldbrandbeauftragter im Heidekreis.

Die verheerenden Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels auf unsere Wälder beschäftigen Kai auch in seiner beruflichen Tätigkeit. Nach dem Studium der Forstwissenschaften hat er seine Anwärterzeit in Niedersachsen gemacht und fünf Jahre den Forstbezirk Allertal geleitet. Seit vergangenem Jahr ist er Büroleiter des Geschäftsbereichs Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in der Zentrale in Hannover: "Mir gefällt es, dichter an den Entscheidungen dran zu sein und mitgestalten zu können", betont er. "Auch wenn ich die Freiheit, die man als Förster hat, manchmal ein bisschen vermisse."

Vielseitig aktiv

Den Wunsch mitzugestalten hat Kai bereits in vielen Ehrenämtern umgesetzt: Klassensprecher, Semestersprecher im Studium, Jahrgangssprecher bei den Anwärter*innen und die Schaffung einer Personalvertretung für Auszubildende im Ministerium. "Es bringt ja nichts, nur zu hoffen, dass sich die anderen drum kümmern", meint Kai. Darum engagiert er sich inzwischen in der Betriebsgruppe der IG BAU in der Landwirtschaftskammer. Mitglied der IG BAU ist er auch geworden, um die gewerkschaftliche Arbeit im Forstbereich auszubauen. Besonders wertvoll sind für ihn die Informationen aus den verschiedenen politischen und behördlichen Gremien, an denen die IG BAU beteiligt ist, und die den Beschäftigten sonst nicht zugänglich wären. Als größte Aufgabe für die IG BAU sieht Kai die chronische Personalnot im Forstbereich: "Durch die wetterbedingte Situation sind vor allem in den vergangenen fünf Jahren unzählige Überstunden aufgelaufen. Eine Personalaufstockung ist dringend nötig!" Verstärkt werde das Problem dadurch, dass in den vergangenen 20 Jahren im Forstbereich kaum jemand neu eingestellt worden sei, die Förstereien immer größer geworden seien und nun eine riesige Pensionierungswelle anrolle. Kai: "Wir müssen das Ökosystem Wald in die richtigen Bahnen lenken. Unsere Wälder dem Klimawandel anzupassen, ist eine riesige und langfristige Aufgabe und geht nicht ohne die entsprechenden Mittel. Die Gesellschaft muss sich fragen, was ihr das wert ist."

Text: Cordula Binder
Der Beitrag erschien ursprünglich in der Dezember 2022/Januar 2023-Ausgabe des Grundstein.