Einer von uns: Thomas Günther
"Das hat mich hart getroffen. Ich hätte nie damit gerechnet, dass mein Arbeitsplatz in Frage gestellt werden könnte!", sagt Thomas. Der Hintergrund: Als der Tierpark aufgrund der Corona-Pandemie im vergangenen November erneut geschlossen werden musste, legte die Geschäftsführung dem siebenköpfigen Betriebsrat eine neue Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit vor. Die Vertreter der rund 160 Beschäftigten sahen in einigen Punkten Bedarf für Klärung beziehungsweise Nachbesserung – etwa fehlte eine Ankündigungsfrist zur Rückholung und auch die bei dem Lockdown im Frühjahr noch vorgesehene Aufstockung auf 100 Prozent des Gehalts war nicht enthalten. Zwei Tage vor der entscheidenden Verhandlung erhielten neun Beschäftigte telefonisch die Kündigung. "Diese Kündigungen sind nur erfolgt, um Druck auf den Betriebsrat auszuüben", stellt Thomas seine Sicht klar. "Über die Presse ließ der Geschäftsführer verlauten, wenn der Betriebsrat der Betriebsvereinbarung zum Kurzarbeitergeld zustimmt, würde man die Kündigungen zurücknehmen."
Im Rahmen der Verhandlungen hierzu wollte der Betriebsrat erst zwei Vertreter*innen der IG BAU, später einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Obwohl diese jeweils angemeldet worden waren, warf man dem Betriebsrat "Begehen des Betriebsgeländes mit betriebsfremden Personen" vor. Thomas erhielt dafür erst eine Abmahnung – als Einziger. Dann wurde ihm die Kündigung erteilt. "Es geht hier ganz klar darum, ein Exempel am Betriebsratsvorsitzenden zu statuieren – weil der leider ein Rückgrat hat", meint Thomas. Der Geschäftsführer habe ihm schon zuvor vorgeworfen, er sei nicht steuerbar. "Ich finde, wenn ein Betriebsratsvorsitzender durch den Geschäftsführer steuerbar ist, ist er fehl am Platz."
Die Betriebsvereinbarung wurde letztlich in der Einigungsstelle abgeschlossen und die zuvor ausgesprochenen Kündigungen bis auf eine zurückgenommen. Thomas allerdings wurde von der Arbeit freigestellt und sein Arbeitgeber will ihn weiterhin kündigen. Das Zustimmungsersetzungsverfahren steht im März an.
Das Schlimmste ist Ungerechtigkeit
Aus der Belegschaft erhält Thomas, der Fernsehzuschauer*innen auch aus der NDR-Serie Leopard, Seebär & Co. bekannt ist, großen Zuspruch. "Die Solidaritätsbekundungen reißen seit der Freistellung nicht ab", meint er. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass Thomas sich seit 16 Jahren im Betriebsrat engagiert und im Mai vergangenen Jahres dessen Vorsitz übernommen hat. "Das Schlimmste, was es für mich gibt, ist Ungerechtigkeit. Vor allem gegenüber Menschen, die sich nicht trauen, sich zu wehren", meint er. Trotz seiner Freistellung geht er seinen Aufgaben als Betriebsrat nach, ist regelmäßig ansprechbar im Betriebsratsbüro und zu Besprechungen oder Sitzungen vor Ort.
Der Betriebsrat ist froh, auf die Unterstützung der IG BAU setzen zu können. "Wir haben aufgrund der Entwicklungen im Tierpark 2019 den Schulterschluss zur IG BAU gesucht", erinnert sich Thomas. Der bisher größte Erfolg mit Unterstützung der IG BAU war die im ersten Lockdown ausgehandelte Betriebsvereinbarung zum Kurzarbeitergeld mit 100 Prozent Aufstockung; Betriebsvereinbarungen zur Altersvorsorge und zur mobilen Arbeit sind in Verhandlung. "Wir haben unfassbar engagierte Kolleginnen und Kollegen bei der IG BAU, die sich da wahnsinnig reinhängen", hebt Thomas hervor. Und offensichtlich steht er mit dieser Einschätzung nicht alleine da: "Die Mitgliederzahlen sind regelrecht explodiert. Anfang vergangenen Jahres hatten wir fünf Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb, jetzt sind wir sehr viele!" Mit Blick auf seine persönliche Situation ist er froh, auf den Rechtsbeistand durch die IG BAU zählen zu können. "Ich werde nicht einknicken. Zum Glück habe ich einen starken Partner an meiner Seite."
Text: Cordula Binder