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Europäische Kommission stellt Überlegungen für soziales Europa vor

Europaflagge Fahne Europa Flagge
(Foto: Lukas/Unsplash)
16.01.2020
Internationales

Die Europäische Kommission hat am 14. Januar 2020 ihre Überlegungen vorgestellt, um das soziale Europa zu stärken. Die Herausforderungen sind offensichtlich und werden von der IG BAU immer wieder benannt:

Die Tarifbindung ist in den vergangenen Jahren in Europa zurückgegangen. Bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen kommt es regelmäßig zur Unterschreitung von Tariflöhnen, Missachtung der am Arbeitsort geltenden Arbeitsbedingungen und Betrug bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Durch den digitalen Wandel werden sich die Arbeitswelt und die Anforderungen an die Beschäftigten zudem stark verändern.

Grundsätze und Ziele für ein soziales Europa sind auf europäischer Ebene bereits hinlänglich beschrieben, so zum Beispiel in der Europäischen Säule sozialer Rechte.

Daher reicht es nicht, weitere unverbindliche Vorschläge zu Aktionsplänen und erste Überlegungen zu einem sozialen Europa zu unterbreiten. Laufende Gesetzgebungsverfahren und die Verbesserung bestehender Gesetze können bereits für deutliche Schritte hin zu einem sozialen Europa genutzt werden. Es ist Zeit, das soziale Europa mit mutigen Schritten zu verwirklichen.

Die IG BAU kritisiert daher, dass viele ihrer Forderungen in dem Dokument der Europäischen Kommission nicht aufgegriffen wurden.

Stärkung der Tarifbindung

Derzeit wird der Haushalt der Europäischen Union neu verhandelt.  Agrarsubventionen sollten zukünftig  nur noch an Unternehmen gezahlt werden dürfen, die Tariflöhne zahlen und gute Arbeitsbedingungen garantieren. Gleiches muss für die Auszahlung von Fördergeldern aus anderen Programmen gelten.

Zudem sind die Vergaberichtlinien so zu verändern, dass das Zahlen von Tariflöhnen bei der öffentliche Auftragsvergabe ein verpflichtendes Vergabekriterium wird.

Zudem muss das Arbeitsortsprinzip – gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit am gleichen Ort - und der Schutz grundlegender Arbeitsrechte in allen Gesetzgebungsverfahren fest verankert werden. 

Faire Mobilität von Beschäftigten

Das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa muss dafür genutzt werden, den Betrug bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu beenden. Dazu gehört, dass für alle entsandten Beschäftigten zwingend vor Entsendung die sogenannte A1-Bescheinigung beantragt werden muss. Zudem braucht es ein europäisches, elektronisches Sozialversicherungsregister, so dass bei Arbeitskontrollen sofort festgestellt werden kann, ob für entsandte Beschäftigte ordentlich Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden.

Die Europäische Kommission muss darüber hinaus ihre Kompetenzen im Beihilfe- und Wettbewerbsrecht nutzen, um ungerechtfertigte Entsendesubventionsgesetzgebung einzelner Staaten wie Slowenien zu stoppen.

Die Europäische Arbeitsbehörde muss zudem zügig ihre Arbeit aufnehmen und die von der IG BAU und anderen Gewerkschaften vorgebrachten Fälle angehen. Die Europäische Kommission muss dafür sorgen, dass gemeinsame grenzüberschreitende Arbeitsinspektionen stattfinden und sich der Datenaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten verbessert.

Weitere Punkte

Die IG BAU begrüßt, dass die Europäische Kommission die Weiterbildung von Beschäftigten zu einem Schwerpunkt machen will. Bei der Bewältigung des digitalen Wandels spielt der Schutz der Meisterpflicht eine entscheidende Rolle.

Ein europäischer Rahmen für Mindestlöhne kann unter Umständen ein Beitrag zur Verwirklichung des sechsten Grundsatzes „Löhne und Gehälter“ der europäischen Säule sozialer Rechte sein.

Eine spezifische Strategie für klein- und mittelständische Unternehmen als Mittel für ein soziales Europa sieht die IG BAU sehr skeptisch. Bisher hat die Europäische Kommission darunter regelmäßig Ausnahmen von rechtlichen Pflichten und Deregulierung bei Verbraucherschutz-, Umwelt- und Arbeitsgesetzen verstanden.

Die IG BAU setzt sich für ein soziale Europa ein, das seinen Namen verdient und gibt sich nicht mit bloßen Ankündigungen zufrieden.