Seitenpfad:

Europäischer Online- Austausch: Gute Praktiken beim Arbeits- und Gesundheitsschutz

viko peco institut
Foto: Peco-Institut
20.04.2023
Internationales

Ein europäischer Online-Austausch guter Praktiken zum Thema "Arbeits- und Gesundheitsschutz" hat die Bedeutung von europäischer Kooperation verdeutlicht. Dies anhand von Beiträgen zu Gefährdungsbeurteilungen, Anpassungsmaßnahmen von Beschäftigten an den Klimawandel für einen sicheren Arbeitsplatz bis hin zu Diskriminierungen und sexuelle Belästigungen, vor allem bei jungen Frauen in der Pferdewirtschaft. Dazu trafen sich im Rahmen des Erasmus+ Projektes "AgriWork crossborder" online über 40 Gewerkschaftsmitglieder und Beraterinnen und Berater aus sechs Ländern, allesamt mit der Zielsetzung Mobile Beschäftigte zu informieren und beraten und sie so zu befähigen, sich selber zu schützen.

Die Bedeutung europäischer Zusammenarbeit im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes verdeutlichte Arnd Spahn (Agrarsekretär der EFFAT) am Beispiel der Europäischen Richtlinie zur Gefährdungsbeurteilung. Gemeinsam mit den agrarischen Unternehmensverbänden und EFFAT mit vielen Mitgliedsverbänden wurde ein sogenanntes OIRA-Tool mit finanzieller Unterstützung der europäischen Arbeitsschutzbehörde (OSHA) entwickelt und online gestellt. Dort sind Mustergefährdungsbeurteilungen für alle erdenklichen landwirtschaftlichen Tätigkeiten eingestellt worden, was eine gute Arbeitsbasis für Unternehmen darstellt. Arnd Spahn wies besonders auf die Verantwortung der Betriebe hin, Gefährdungsbeurteilungen gemeinsam mit den Beschäftigten durchzuführen, die Gefährdungen zu erfassen, zu beurteilen und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Ausdrücklich wurde betont, dass dies europaweit und auch für Mobile Beschäftigte gilt.

Das Thema "Gefährdungsbeurteilung" aufgreifend und deren Bedeutung hervorhebend, wies Inge Bieler (PECO-Institut) am Beispiel der notwendigen Anpassung der Arbeitsplätze von Outdoor-Workern (Land-, Forst- und Bauwirtschaft, Gartenbau) an den Klimawandel nach. Mit dem Projekt "StopRisiko" wurde hervorgehoben, dass Wanderarbeitskräfte als vulnerable (besonders gefährdete) Gruppe im hohen Maße der Sonneneinstrahlung und Hitze ausgesetzt sind. Die Folgen davon können vielfältig sein. Über akute Beschwerden und möglichen langfristigen Schäden wie Weißer Hautkrebs, Nieren- und Kreislauferkrankungen wurde berichtet, aber auch von Möglichkeiten wie die Wanderarbeitskräfte für diese Gefährdungen angesprochen und sensibilisiert werden können. Vielfältige Materialien – auch digital und in den Muttersprachen gibt es frei unter www.stoprisiko.de

Katharina Varelmann vom PECO-Institut hat mit ihrem Beitrag auf ein Thema aufmerksam gemacht, das in der deutschen Landwirtschaft bisher kaum Beachtung findet: Diskriminierung und sexuelle Belästigung - insbesondere von Frauen. Hier dürfte sich, besonders bei Saisonarbeiterinnen aufgrund ihrer prekären Lage, vieles im Verborgenen abspielen, Vorfälle werden auch aufgrund des starken Machtgefälles kaum öffentlich gemacht.

Das voneinander Lernen wurde deutlich durch den Beitrag von Lisa Rönnbeck aus Schweden. Seit einigen Jahren gibt es in Schweden die Initiative „Fair Stable“ - Fairer Stall zur Bekämpfung von sexueller Diskriminierung und Gewalt, vor allem gegenüber jungen Frauen.

Dort haben sich die Sozialpartner zu dieser Initiative zusammengeschlossen und wirken gemeinsam durch Aufklärung und Zertifizierungen für „saubere/diskriminierungsfreie“ Pferdebetriebe. Diese Kampagne wird seit einiger Zeit durchgeführt. Unsere schwedische Kollegin Anja Westberg hat vor Jahren diese Initiative in der EFFAT bekannt gemacht, mit dem Ergebnis, dass sich das PECO-Institut dieser Thematik angenommen und bereits Informationen zu diesem Thema für Deutschland in Form einer Broschüre gesammelt hat.

Das Online Seminar hat deutlich gemacht, dass bei den Wanderarbeitskräften in punkto Prävention noch ein riesiger Handlungsbedarf ist, und die IG BAU insbesondere auf die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Gartenbau und Forsten (SVLFG) einwirken muss, um Präventionsmaßnahmen für Wanderarbeitskräfte zu verbessern. Schließlich sollen die Beschäftigten nicht nur gerechten Lohn für ihre wichtige Arbeit in Deutschland bekommen, sondern auch wieder gesund zu ihren Familien zurückkehren.

Im Rahmen des Projektes findet am 26. April von 9.30 bis 12.30 Uhr eine weitere Online-Veranstaltung mit folgenden Inhalten statt (Anmeldung per Mail an [Bitte aktivieren Sie Javascript]):
Von der Niederländischen Agrargewerkschaft FNV wird über die muttersprachliche Beratung von polnischen Saisonarbeitskräften berichtet. Unsere bulgarischen Kolleginnen berichten über ihre Erfahrungen in diesem Kontext bei der Zusammenarbeit mit der nationalen Arbeitsinspektion.
Ein sehr interessanter Beitrag kommt von unserem spanischen Kollegen der Gewerkschaft CCOO. Er informiert über tarifliche Vereinbarungen, die der Diskriminierung und sexuellen Belästigung in Betrieben entgegenwirken sollen.
Die rumänische Künstlerinitiative „Harvesting Solidarity“ stellt ihr Filmprojekt zum Thema „Saisonarbeit“ vor. Und als letztes werden wir noch in den Bausektor schauen und uns von gemeinsamen Workshops von IG BAU und SOKA Bau zur Beratung über Urlaubsansprüche etc. von Mobilen Beschäftigten im Baubereich berichten lassen. 

 

Text: Inge Bieler