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Für eine faire Gemeinsame Agrarpolitik für die Beschäftigten
Martin Häusling von der Grünen Fraktion kritisierte die vor rund 30 Jahren eingeführte Flächenprämie – wer große Flächen hat, der bekommt auch viel Geld. Er kritisierte scharf die Markmacht des Handels und die Spekulation mit Boden und Nahrungsmitteln. Das Fördersystem ist zu kompliziert! Kristjan Bragason, Generalsekretär der EFFAT, hob hervor, dass die Situation der Bauern schlecht ist, aber die Situation der Landarbeitsarbeiterinnen und Landarbeiter ist noch schlechter!
Erläuterungen:
Enrico Somalia und Ivan Ivanov von der EFFAT hoben hervor, dass in der Zusammenarbeit mit dem Parlament, den Agrargewerkschaften und Verbänden der Zivilgesellschaft das erste Mal gelungen ist, die Arbeitnehmerschaft in der GAP zu verankern. Gemeinsam trugen Enrico und Ivan die EFFAT Forderungen vor:
- Die Stärkung der Soziale Konditionalität
- Berücksichtigung der Anzahl der eigenen Beschäftigten sowie die gezahlten Löhne und SV-Beiträge als zusätzliches Kriterium für die Bestimmung der Direktzahlungen
- Verbindliche Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen für landwirtschaftliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die GAP
Onofrio Rota (FAI/CISL) wies darauf hin, dass trotz Einführung der Sozialen Konditionalität die betrieblichen Kontrollen noch zu schwach sind. Sie sind bei ihm in Italien zwar auf Druck der Gewerkschaften verstärkt worden, reichen aber nicht aus. Sebastian Serena (UGT/FICA) aus Spanien wies darauf hin, dass die Beteiligung der Gewerkschaften anfangs gar nicht stattgefunden hat, mittlerweile aber ein Dialog mit der Regierung besteht. Harald Schaum (IG BAU) erläuterte, dass die Bundesregierung ein GAP-Konditionalitätengesetz und Verordnung vorbereitet. Dann wird auch die IG BAU daran beteiligt und die Soziale Konditionalität ab 2025 in Deutschland eingeführt.
Nicolas Schmit, EU Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, plädierte für eine Zukunft der Landwirtschaft in Europa! Sie ist wichtig für die Ernährung und als Teil des Green Deals. Die Frage ist, wie organisieren wir die europäische Landwirtschaft mit anständigen Arbeitsbedingungen für die "Farmers and Workers". Wir müssen das Gesamte betrachten!
In der Diskussion wies Martin Häusling darauf hin, dass wir eine Landwirtschaft haben, die von der Landwirtschaft nicht leben kann. Er betonte, dass von der viel beschworenen Farm-to-Fork-Strategie nicht mehr viel übriggeblieben ist. Der Vorschlag für einen Rechtsrahmen für nachhaltige Ernährungssystem wurde nicht eingebracht, Glyphosat wurde für weitere 10 Jahre genehmigt, die Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden wurde zurückgewiesen. Was übriggeblieben ist, ist die Liberalisierung der Gentechnik – das ist kein gutes Ergebnis.
Die derzeitigen Proteste müssten zum Dialog zwischen Politik und landwirtschaftliche Unternehmen unter Einbeziehung der Gewerkschaften genutzt werden.
Wir müssen auch auf die Wortwahl achten. Wiederholt wurde betont, dass es nicht die eine Landwirtschaft gibt. Es gibt kleine Landwirte und große Agrarbetriebe. Maria Noichl kritisierte die derzeitige Agrarförderung der Unternehmen. Sie verglich die Förderung mit einer Sektpyramide. Man gießt oben Sekt rein (Symbolisch als Unternehmen) und die unteren Gläser (= die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) bekommen auch etwas ab. Aber so ist es nicht, das muss man jetzt feststellen.
Die künftige Agrarförderung muss an Mehrwert gekoppelt werden:
- Klimaschutz
- Tierwohl
- Verhältnis von Arbeitgeber*innen zu Arbeitnehmer*innen
Maria Noichl betont: Die Menschen, die Geld in das System geben – also wir alle, die Steuerpflichtigen – müssen ruhigen Gewissens sehen, dass das Geld gut angelegt ist.
Wir müssen auch die Lieferketten neu denken, nicht nur die Ausbeutung der Arbeitskräfte in Bangladesch muss thematisiert werden, sondern auch die Lieferkette vom Produzenten in Deutschland über Verarbeitungsunternehmen, im Handel und zum Verbraucher müssen fair sein.
EFFAT präsentiert Forderungen zur Europawahl 2024 #CallingEU
Selbstbewusst stellte Kristjan Bragason die Forderungen der EFFAT zur Europawahl 2024 vor. In einem Guss sind die Kernforderungen aller wichtigen Bereiche der EFFAT, die Landwirtschaft, des Nahrungsmittelsektors, des Tourismus und der Hausangestellten, präsentiert.
- die Forderung nach einer EU-Richtlinie über Arbeitsvermittler und faire Arbeitsbedingungen in Untervergabeketten
- ein Aufruf zu einer gerechten ökologischen Transformation im Interesse der arbeitenden Menschen
- ein Aufruf für ein nachhaltiges Ernährungssystem und gegen Spekulation, Marktkonzentration und Konzerngier
- die Forderung nach einer fairen GAP (Gemeinsamen Agrarpolitik)
- ein Aufruf zur Ausweitung der der Rahmenrichtlinie für Arbeits- und Gesundheitsschutz auf Hausangestellte
Diese Forderungen werden den Politikerinnen und Politikern vor der Wahl vorgestellt. Aber auch nach der Wahl müssen sie sich an der Umsetzung der Forderungen messen lassen.
Zustimmung bekam Kristjan Bragason bei der Präsentation vor Vertreter*innen der europäischen Agrargewerkschaften. Einig waren sie sich, dass diese Positionen auf nationaler Ebene unterstützt werden müssen.
Die ausführlichen Forderungen sind (bisher nur auf Englisch) unter eu24.effat.org nachzulesen. An einer deutschen Fassung wird gearbeitet.
Text: Thomas Hentschel