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Impfen und Testen: Was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jetzt wissen müssen
Fragen und Antworten zur Corona-Impfung
Impfung gegen Corona: Wie ist das aus gewerkschaftlicher Sicht zu bewerten?
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften vertreten die Auffassung, dass wirksame Impfungen im Hinblick auf die erfolgreiche Bekämpfung von Pandemien und die Immunisierung der Bevölkerung gegen gefährliche Krankheiten wichtig sind.
Angesichts der nach wie vor bestehenden epidemischen Lage von nationaler Tragweite und Vordringen von Coronavirus SARS-CoV-2-Mutationen und der hierdurch verursachten Krankheit COVID-19 muss aus Sicht des DGB gewährleistet sein, dass der Zugang zu Impfstoffen voranschreitet um eine schnellere Durchimpfung der Bevölkerung und damit einen entscheidenden Baustein für eine rasche Eindämmung der Corona-Pandemie zu erreichen. Dies alles vor dem Hintergrund, dass sowohl die Gesundheit der Menschen als auch unser gesellschaftlicher Wohlstand dauerhaft nur gesichert werden können, wenn wir die Pandemie überwinden, die Folgelasten gerecht verteilen und den Sozialstaat, der Erwerbstätige und Wirtschaft in der Krise stützt und absichert, stärken und ausbauen.
Gibt es eine Impfpflicht oder ist eine solche geplant?
Eine gesetzliche Impfpflicht gegen Sars-CoV-2 gibt es nicht. Es ist auch derzeit nicht davon auszugehen, dass eine solche Pflicht eingeführt wird. Die Corona-Impfverordnung regelt ausschließlich ein Recht auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Das gilt auch für das Arbeitsverhältnis.
Darf mein*e Arbeitgeber*in von mir verlangen, dass ich mich gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 impfen lasse? Kann er Maßnahmen gegen mich ergreifen, wenn ich mich nicht impfen lassen will?
Der*die Arbeitgeber*in kann eine solche Impfung grundsätzlich nicht verlangen, es sei denn, sie ist gesetzlich für bestimmte Beschäftigtengruppen vorgeschrieben. Dies ist bei der Corona-Schutzimpfung nicht der Fall. Der Grundsatz der Freiwilligkeit gilt auch mit Blick auf § 23a IfSG.
Da es keine Impfpflicht gibt, kann der*die Arbeitgeber*in keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es nicht vorhaben. Der*die Arbeitgeber*in bleibt daher arbeitsvertraglich zur Beschäftigung – mit oder ohne Impfung – verpflichtet. Auch darf es keine Diskriminierung im Arbeitsverhältnis aufgrund des Impfstatus geben. Sollte ein*e Arbeitgeber*in gleichwohl eine vertragsgemäße Beschäftigung von einer Impfung abhängig machen und beispielsweise den Zutritt zum Betrieb oder einem Betriebsteil verweigern, gerät er unter Umständen in den so genannten Annahmeverzug. Dann muss der*die Arbeitgeber*in die Vergütung dennoch zahlen, wenn Beschäftigte ihre Arbeit ansonsten ordnungsgemäß anbieten.
Darf eine Impfpflicht in meinem Betrieb auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung eingeführt werden?
Betriebsparteien haben gemäß § 75 Abs. 2 BetrVG bei ihren Regelungen die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu achten und zu schützen. Daraus folgt, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit in Gestalt einer zwingenden Pflicht zur Impfung auch durch eine Betriebsvereinbarung in der Regel nicht zu rechtfertigen ist. Eine zwingende Pflicht zur Impfung durch eine Betriebsvereinbarung kann daher nicht wirksam eingeführt werden.
Kann der*die Arbeitgeber*in mir den Zugang zum Betrieb oder sozialen Einrichtungen des Betriebs, etwa der Kantine, verweigern, wenn ich nicht geimpft bin?
Nein, das kann er grundsätzlich nicht. Das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot aus § 612a BGB verbietet nicht nur die Benachteiligung von Beschäftigten, welche in zulässiger Weise ihre Rechte (zum Beispiel Anspruch auf Schutzimpfung) ausüben, sondern auch den umgekehrten Fall der Benachteiligung von Beschäftigten, welche ihren Anspruch (auf Schutzimpfung) nicht wahrnehmen wollen.
Im Übrigen ist der*die Arbeitgeber*in beim Zugang zu sozialen Einrichtungen weiterhin verpflichtet, für die Einhaltung des Arbeitsschutzes im Betrieb zu sorgen – dazu gehören Hygiene- und Abstandsregeln wie auch sonstige Arbeitsschutzmaßnahmen. Dabei sind nach dem TOP-Prinzip technische Maßnahmen vorrangig vor organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum vor personenbezogenen Maßnahmen Die einzuhaltenden Regeln des Arbeitsschutzes gelten für Beschäftigten unabhängig davon, ob sie geimpft sind oder nicht.
Schulde ich meinem*meiner Arbeitgeber*in eine Auskunft darüber, ob ich gegen Corona geimpft bin?
Nein, diese Auskunft schuldest Du Deinem*Deiner Arbeitgeber*in in der Regel nicht. Von der gesetzlich geregelten Masernimpfpflicht abgesehen – diese gilt seit dem 1. März 2020 für die Beschäftigten zum Beispiel in Kitas und Schulen – ist Impfen Privatsache der Beschäftigten. Solange es keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Durchführung der Corona-Impfungen gibt, ist die Verarbeitung von diesbezüglichen Gesundheitsdaten der Beschäftigten regelmäßig dann zulässig, wenn die Betroffenen zuvor freiwillig eingewilligt haben. Freiwillig bedeutet aber, dass die Datenpreisgabe an keine Vor- oder Nachteile für den Betroffenen gekoppelt werden darf (Art. 7 Abs. 4 DSGVO).
Ausnahmsweise könnte eine Auskunftsverpflichtung bestehen, wenn die Impfung eine zwingende Voraussetzung für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit darstellt, etwa wenn bei einer unabdingbaren Auslandsdienstreise der Impfschutz gegen bestimmte Krankheiten zwingende Voraussetzung darstellt, um in das jeweilige Land einzureisen – das gilt etwa für die Gelbfieber-Impfung in einigen Ländern Zentralafrikas. Ob diese zwingende Voraussetzung aber auf die Corona-Schutzimpfung übertragen wird, ist derzeit schwer einzuschätzen.
Darf ich einen Impftermin während der Arbeitszeit wahrnehmen? Muss mein*e Arbeitgeber*in mich dafür freistellen?
Grundsätzlich sind Beschäftigte angehalten, Termine der Gesundheitsvorsorge nach Möglichkeiten außerhalb der Arbeitszeit zu legen. Im Falle der Corona-Schutzimpfung haben Beschäftigte aktuell keinen Spielraum bei der Terminvergabe. Werden Beschäftigten ausschließlich Termine während der Arbeitszeit angeboten, besteht das Recht, für den Termin der Arbeit fernzubleiben. Der*die Arbeitgeber*in ist über das Fernbleiben von der Arbeit so früh wie möglich zu informieren.
Was passiert mit meiner Vergütung, wenn ich den Impftermin während der Arbeitszeit wahrnehmen muss?
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften haben ein klares gesetzliches Recht für die Beschäftigten gefordert, für die Wahrnehmung der Corona-Impftermine während der Arbeitszeit unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt zu werden. Die Verordnung sieht dieses Recht jedoch nicht vor.
Grundsätzlich greift zwar für die Wahrnehmung der Impftermine der Grundsatz, dass Beschäftigte ihr Recht auf Vergütung nicht verlieren, wenn sie aus persönlichen Gründen vorübergehend an der Arbeitsleistung ohne eigenes Verschulden verhindert sind (§ 616 S. 1 BGB). Diese Regelung kann aber vertraglich (durch Tarif- oder Arbeitsverträge) verändert oder auch abbedungen werden. Zahlreiche Tarifverträge und Einzelverträge schließen diesen Anspruch aus. Es kommt daher stets darauf an, was in den für auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Vereinbarungen geregelt ist.
Hat es für mich rechtliche Konsequenzen, wenn ich mich nicht gegen das Coronavirus impfen lasse, obwohl mir eine Impfung angeboten wurde?
Der Arbeitgeber*in kann die fehlende Schutzimpfung nicht sanktionieren, da es weder eine gesetzliche Impfpflicht gibt noch diese vom Arbeitgeber eingeführt werden kann.
Beschäftigte, die durch die Quarantäne einen Verdienstausfall erleiden (etwa dann, wenn sie während der Quarantäne nicht von Zuhause arbeiten können), haben grundsätzlich Anspruch auf eine Entschädigung ihres Verdienstausfalls durch den Staat (§ 56 Abs. 1 IfSG). Dieses Recht entfällt zwar, wenn die Quarantäneanordnung durch die Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die öffentlich empfohlen wurde, vermeidbar gewesen wäre (§ 56 Abs. 1 S. 3 IfSG). Allerdings ist derzeit nicht geklärt, ob sich durch die Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung die Quarantäneanordnung tatsächlich vermeiden lässt. Nach einer aktuellen Entscheidung können auch Personen trotz Impfung als Ansteckungsverdächtige gelten und deshalb unter Quarantäne gestellt werden (VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 15.03.2021 - 5 L 242/2; 5 L 243/21 dagegen VG Münster v. 19.04.2021 – 5 L 255/21; VGH BaWü v. 09.04.2021 – 1 S 1108/21). Im Umkehrschluss ist daher zweifelhaft, ob diejenigen, die trotz Möglichkeit nicht geimpft sind, aufgrund der fehlenden Impfung von der Entschädigungszahlung bei angeordneter Quarantäne ausgeschlossen werden können.
Was passiert, wenn ich an COVID-19 erkranke und ich mich nicht freiwillig habe impfen lassen?
Beschäftigte, die an COVID-19 erkranken und dadurch arbeitsunfähig sind, sind grundsätzlich wie andere Beschäftigte zu behandeln. Das bedeutet, dass sie zunächst grundsätzlich für bis zu sechs Wochen (zugunsten der Beschäftigten abweichende Regelungen sind möglich) die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall von ihrem*ihrer Arbeitgeber*in erhalten und anschließend das Krankengeld von der Krankenkasse. Diese Regel gilt auch dann, wenn ein Beschäftigter an Covid-19 erkrankt, obwohl er sich hätte impfen lassen können.
Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass bei einer Corona-Erkrankung, die aktuell auch stets eine Quarantäneanordnung nach sich zieht, die Arbeitsunfähigkeit nicht durch die Erkrankung, sondern durch die behördliche Anordnung erfolgt, so dass der*die Arbeitgeber*in nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Richtigerweise ist aber die Quarantäneanordnung nicht die Ursache des Arbeitsausfalls, sondern die Folge der Erkrankung. Das Bundesarbeitsgericht hat daher vor Jahren entschieden, dass in diesem Fall das Recht auf Entgeltfortzahlung weiterhin besteht (BAG, Urteil vom 26. April 1978 – 5 AZR 7/77).
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können unter Umständen ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlieren, wenn sie ihre Erkrankung verschuldet haben. Das setzt aber voraus, dass sie sich leichtfertig oder gar vorsätzlich Risiken ausgesetzt haben in einer Weise, die gravierend gegen "das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten" (so die Arbeitsgerichte) verstößt. Alleine die Tatsache, dass eine empfohlene Impfung nicht wahrgenommen wurde, begründet einen solchen Verstoß nicht. Das gilt im Übrigen auch bei sonstigen Erkrankungen, gegen die Impfungen vorhanden sind und empfohlen werden.
Kann der/ die Arbeitgeber*in eigenständig die Impfreihenfolge festlegen?
Arbeitgeber*innen dürfen einseitig, also ohne Mitbestimmung des Betriebsrats, keine Regeln zur Impfreihenfolge treffen. Die Bestimmung des Kreises der Berechtigten und Priorisierungsregelungen unterliegen der Mitbestimmung. Dabei verbietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz jede Ungleichbehandlung von Beschäftigten ohne einen sachlichen Grund. Keinesfalls dürfen Arbeitgeber*innen willkürlich Beschäftigte auswählen, denen sie ein Impfangebot unterbreiten. Denkbar ist aber, dass besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen, etwa solche, die im Außendienst mit vielen Kundenkontakten arbeiten oder die unternehmensinterne kritische Infrastruktur in Präsenz am Laufen halten müssen – etwa Werksfeuerwehr – als erste das betriebliche Impfangebot erhalten.
Fragen und Antworten zur Testung auf Corona/Sars-Cov2-Viren
Wie stehen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften zum Thema Testen?
In den aktuellen Bemühungen um die Eindämmung der Ausbreitung des Sars-Cov2-Virus in Deutschland gewinnt die Möglichkeit der Feststellung einer Infektion mittels eines sog. Schnelltests zunehmend an Bedeutung.
Niedrigschwelliger Zugang zu Testungsmöglichkeiten ist als ein Baustein zur Strategie zur Eindämmung des Infektionsgeschehens wichtig. So lassen sich das Infektionsgeschehen vor Ort zeitnah erkennen und zielgenaue Maßnahmen einleiten. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften erwarten von Arbeitgeber*innen, dass sie ihren Beschäftigten kostenlos Tests zur Verfügung stellen. Grundsätzlich erscheint es auch sinnvoll, dass Beschäftigte zur Eindämmung des Infektionsgeschehens die Möglichkeit zur Testung in Anspruch nehmen.
Dazu sollten die Beschäftigten die Möglichkeit haben, die Testung als Selbsttest bereits zuhause durchzuführen. Dies ermöglicht es Infektionsgefährdungen bereits im Vorhinein zu minimieren und die Stigmata eines positiven Ergebnisses vor Ort im Betrieb zu umgehen. Arbeitgeber*innen sind angehalten mit ihren betrieblichen Akteur*innen (Fachkraft für Arbeitssicherheit und BetriebsärztInnen) über Aufklärung und Unterweisung eine entsprechende Akzeptanz in der Belegschaft zu schaffen und dann in Form von Gruppentest-Strategien eine betriebliche Umsetzung zu entwickeln. Hierbei sind die betrieblichen Interessensvertretungen konsequent zu beteiligen und einzubeziehen.
Erfolgt die Testung durch medizinisch geschultes Personal und nicht im Selbsttest ist mit den Testergebnissen datenschutzkonform und im Einklang mit anderen medizinischen Erkenntnissen umzugehen.
Zu beachten ist aber zugleich, dass ein negatives Testergebnis, also ein Ergebnis, bei dem keine Corona-Viren nachgewiesen werden, eine SARS-CoV-2-Infektion nicht ausschließt! Nach den geltenden Regeln des Arbeitsschutzrechts ist die Testung kein Bestandteil der verpflichtenden Hygiene- und Schutzmaßnahmen, die Arbeitgeber*innen zur Eindämmung der Sars-Cov2-Pandemie entsprechend der Sars-COV-2-ArbeitsschutzVO und dem Sars-COV-2-Arbeitsschutzstandard zu ergreifen haben. Insgesamt sind entsprechend des TOP-Prinzips des § 4 ArbSchG technische Maßnahmen vorrangig vor organisatorischen Maßnahmen und diese vorrangig vor personenbezogenen Maßnahmen zu ergreifen. Bei dem Testergebnis handelt es sich nur um eine Momentaufnahme. Testen ersetzt nicht den Arbeitsschutz im Betrieb. Es ist daher in jedem Fall unabdingbar, dass die (Arbeits-) Schutzmaßnahmen auch bei Vorliegen eines negativen Testergebnisses weiterhin eingehalten werden!
Habe ich als Beschäftigte*r ein Recht auf einen Corona-Test?
Seit dem 22. April 2021 ist in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung geregelt, dass der*die Arbeitgeber*in Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche einen Test in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 anzubieten hat. Somit besteht eine generelle rechtliche Verpflichtung aller Arbeitgeber, ihren Beschäftigten Corona-Tests im angegebenen Umfang anzubieten.
Ab dem 1. Juli 2021 dürfen nur noch solche Test verwendet werden, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen wurden.
Zudem gibt es Verordnungen in einigen Bundesländern (unter anderen Nordrhein-Westfalen, Hessen, Berlin und Sachsen), die für einzelne Branchen auch eine Pflicht der Arbeitnehmer*innen begründen, sich einem Test zu unterziehen.
Kann der*die Arbeitgeber*in von mir verlangen, dass ich mich einem Corona-Test unterziehe?
Jeder Test auf eine Infektion, also auch ein Corona-Schnelltest, ist grundsätzlich ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG). Das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt darüber hinaus die Selbstbestimmung über den eigenen Körper.
Dort, wo Beschäftigte durch entsprechende Verordnungen verpflichtet werden, sich einer Testung zu unterziehen, kann der*die Arbeitgeber*in die Testpflicht auch grundsätzlich durchsetzen. Eine solche Rechtsgrundlage ist in den Rechtsverordnungen der Länder zu finden, die eine Pflicht zur Testung auf Sars-Cov2 für bestimmte Beschäftigtengruppen einführen (s. die letzte Frage), etwa für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen; unabhängig davon gibt es derzeit in drei Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Bremen) weitere Verordnungen, die eine Testpflicht vorsehen.
Die Weigerung, sich einem Test zu unterziehen, könnte (neben der Sanktionen, die die einschlägige Rechtsverordnung vorsieht) für diese Beschäftigten grundsätzlich arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Die Corona-Arbeitsschutz-Verordnung dem hingegen sieht keine Verpflichtung der Beschäftigten vor, sich testen zu lassen. Es handelt sich vielmehr um ein Angebot.
Ob allerdings die landesrechtlichen Verordnungen, die eine Testpflicht einführen, mit höherrangigem Recht vereinbar sind, ist teilweise umstritten. So hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vor kurzem die Bayerische Infektionsschutzverordnung teilweise außer Vollzug gesetzt (VGH München, Beschluss vom 02.03.2021 - 20 NE 21.353) die von den Beschäftigten der dortigen Alten- und Pflegeheime eine dreimal pro Woche durchzuführende Testung verlangt. Das Gericht meinte, für die Testpflicht bedürfe es eines konkreten Infektionsverdachts, der aber hier nicht allgemein angenommen werden könne.
Fehlt eine entsprechende Rechtsgrundlage, können Beschäftigte durch Arbeitgeber*innen nicht einseitig zu einer Testung verpflichtet werden. Diese Möglichkeit ist vom Direktionsrecht nicht erfasst. Sind Arbeitgeber*innen ohne eine entsprechende Testung nicht bereit, Arbeitnehmer*innen zu beschäftigen (ohne dass es eine öffentlich-rechtliche Grundlage für die Testpflicht gibt) geraten sie in Annahmeverzug und schulden den Lohn gem. § 615 BGB. Arbeitsrechtliche Sanktionen gegen diese Beschäftigten wären gem. § 612a BGB unzulässig.
Der*die Arbeitgeber*in beabsichtigt, verpflichtende Tests für Beschäftigte einzuführen und möchte dazu eine Betriebsvereinbarung abschließen. Darf er*sie das?
Diese Frage ist höchstrichterlich nicht geklärt. Zu beachten ist aber, dass die Betriebsparteien bei ihren Regelungen die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu schützen und zu fördern haben (§ 75 Abs. 2 BetrVG). Daraus folgt die Verpflichtung der Betriebspartner, selbst alles zu unterlassen, was die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer verletzt. Der Gewinn an Sicherheit durch eine Testung aller Beschäftigten kann den Eingriff in die körperliche Integrität gegen den Willen des Betroffenen grundsätzlich nicht rechtfertigen. Die Einführung einer Testpflicht im Betrieb alleine auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung dürfte daher unzulässig sein. Eine freiwillige Testmöglichkeit, etwa über den Betriebsarzt oder als Selbsttest, kann aber geschaffen werden, der Betriebs- bzw. Personalrat ist an der Ausgestaltung dieser Möglichkeit zwingend zu beteiligen.
Wie sind Betriebs- und Personalräte im Zusammenhang mit der Durchführung von Tests in Betrieben und Dienststellen einzubeziehen?
Betriebsräten (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG) und Personalräten (§ 75 Abs. 3 Nr. 10, 11, 15 BPersVG bzw. entsprechende landespersonalvertretungsrechtliche Vorschriften) steht ein Initiativrecht hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Covid-19-Tests in Betrieben und Dienststellen zu. Ebenso unterliegen Erweiterung und Einschränkung der Aufgaben des Betriebs- oder Vertrauensarztes der zwingenden Mitbestimmung. Betriebs- und Personalräte sollten darauf achten, dass durch Dritte vorgenommene Tests ausschließlich durch qualifiziertes Personal durchgeführt werden und insoweit ihre Beteiligungsrechte aktiv einfordern.
Stellt der*die Arbeitgeber*in freiwillig Tests zur Verfügung oder ist er aufgrund einer Verordnung dazu verpflichtet, sind Betriebs- und Personalräte an Vorbereitung und Durchführung von den Covid-19-Tests in Betrieben zu beteiligen, insbesondere bei:
- der Festlegung des Kreises der Berechtigten und der zeitlichen Abstände der Testungen;
- der Auswahl von Hersteller*in und Produkt;
- der Auswahl und ggf. Schulung des Personals zur Durchführung der Tests;
- dem Umgang mit den Testergebnissen inklusive des Schutzes der Beschäftigtendaten;
- beabsichtigten Maßnahmen für den Fall positiver Testungen.
Was gilt für mich, wenn ich andere Betriebe besuche; etwa, weil ich im Außendienst im Einsatz bin oder einen Kundenbetrieb besuche? Unterliege ich einer dort geltenden Testpflicht?
Grundsätzlich ist es möglich, dass Mitarbeiter*innen eines Essenslieferanten oder einer Technikfirma, die in Einrichtungen, in denen auf Grundlage von Landesverordnungen Testpflicht besteht (etwa einem Pflegeheim) eingesetzt werden, wie auch die Beschäftigten der Einrichtung zur Testung aufgefordert werden können.
Ob sie sich im Einzelfall dem Test unterziehen müssen oder ob sie die Testung verweigern können, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist im Einzelfall je nach Abwägung der gegenseitigen Interessen zu entscheiden.
Im meinem Betrieb gilt die Testpflicht. Muss ich diesen Test außerhalb der Arbeitszeit durchführen?
Nein, das müssen Sie nicht. Diese Zeit, die sie für die Testung im Betrieb (inklusive Warten auf Testergebnis) brauchen, gilt als Arbeitszeit und ist von dem*der Arbeitgeber*in wie Arbeitszeit zu vergüten.
Fragen und Antworten zu Erleichterungen für geimpfte und von der COVID-19-Erkrankung genesene Menschen
Mit der Verabschiedung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung hat die Bundesregierung mit Wirkung zum 9. Mai 2021 Erleichterungen für geimpfte und von der COVID-19-Erkrankung genesene Menschen beschlossen. Hieraus ergeben sich Fragen von Beschäftigten.
Wie wirkt sich eine Impfung gegen Sars-Cov2 auf meine Rechte als Arbeitnehmer*in aus? Kann ich von meinem*meiner Arbeitgeber*in Sonderbehandlung im Betrieb verlangen, etwa eine Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Abstandsregel oder zur Tragung des Mund-Nasenschutzes?
Mit der Verabschiedung der sog COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung gelten bestimmte Einschränkungen, die das Infektionsschutzgesetz zur Eindämmung der Pandemie vorsieht, für die Geimpften und Genesenen nicht mehr, etwa die Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen sowie die Quarantänepflichten. Diese betreffen allerdings im Kern den privaten Lebensbereich der Menschen und haben keine unmittelbare Auswirkung auf das Arbeitsleben.
Die Impfung gegen Sars-Cov2 – wie im Übrigen sonstige medizinische Eingriffe – ist an sich eine private Angelegenheit einer bzw. eines jeden Beschäftigen. In der Regel besteht auch kein Zusammenhang zwischen der ordnungsgemäßen Erbringung der Arbeitsleistung und der fehlende Impfung. Der*die Arbeitgeber*in hat in der Regel kein Auskunftsrecht über den Impfstatus der Beschäftigten und diese wiederum keine Auskunftspflicht gegenüber dem*der Arbeitgeber*in. Vielmehr ist der*die Arbeitgeber*in verpflichtet, das Recht der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen. Eine Sonderbehandlung der Geimpften kommt daher bereits deshalb nicht in Frage, weil der*die ArbeitgeberIn dafür eine Information über den Impfstatus benötigen würde. Vielmehr ist der*die Arbeitgeber*in weiterhin verpflichtet, die bestehenden Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in seinem*ihren Betrieb aufrecht zu erhalten und dafür zu sorgen, dass alle Beschäftigte ihre Arbeit verrichten können – das auch vor dem Hintergrund, dass nach den aktuellen Erkenntnissen eine vollständige Impfung keinen vollständigen Schutz vor Übertragung von Sars-Cov-2 oder Erkrankung an Covid-19 bietet. Das bedeutet auch, dass Arbeitgeber*innen den Beschäftigten weiterhin die Möglichkeit zur Arbeit von Zuhause aus einräumen und auf die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln im Betrieb hinwirken müssen. Die Beschäftigten sind – unabhängig von ihrem Impfstatus – wiederum verpflichtet, an der Umsetzung dieser Maßnahmen mitzuwirken. Das bedeutet konkret, dass Geimpfte nicht verlangen können, dass für sie andere Regeln gelten, als für den Rest der Belegschaft.
Heißt es, dass die Einschränkungen unterschiedslos von allen mitgetragen werden müssen?
Die Maßnahmen des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit sind nicht an dem Impfstatus der Beschäftigten zu knüpfen, daher gelten sie erstmal für alle. Auch in der Zeit, in der es kein flächendeckendes Impfangebot für alle Beschäftigten gibt, besteht kein Raum für entsprechende Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz. Sobald ein entsprechendes flächendeckendes Impfangebot allen Impfberechtigten unterbreitet worden ist, so dass jede und jeder die Möglichkeit zum Eigenschutz durch Impfung hat, ist nicht mehr zu erwarten, dass entsprechende Schutzmaßnahmen und die damit einhergehende Einschränkungen weiterhin notwendig sein werden. Spätestens dann sollten geimpfte und nicht geimpfte Beschäftigte unterschiedslos sämtlichen Tätigkeiten nachgehen können.
Darf eine Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen oder Fort- und Weiterbildungen von der Impfung abhängig gemacht werden? Kann ich umgekehrt von meinem*meiner Arbeitgeber*in verlangen, dass er mir die Möglichkeit zur Teilnahme an Präsenzveranstaltungen eröffnet, weil ich geimpft bin?
Auch hier gilt: der Impfstatus der Beschäftigten geht den*die Arbeitgeber*in grundsätzlich nichts an. Daher darf auch Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen davon nicht abhängig gemacht werden. Auf der Grundlage von Landesregelungen kann allerdings für die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen ab einer bestimmten Teilnehmerzahl das Beibringen eines negativen Corona-Tests notwendig sein. Genesene und Geimpfte werden unter bestimmten Voraussetzungen den negativ Getesteten gleichgestellt. In diesen Fällen kann also der vollständige Impfschutz von einer Testpflicht befreien. Geimpfte Beschäftigte können sich somit freiwillig auf diesen Ausnahmetatbestand berufen; eine diesbezügliche Offenbarungspflicht besteht hingegen nicht.
Was ist davon zu halten, dass einige Arbeitgeber*in "Impfprämien" oder sonstige Vergünstigungen wie zusätzliche Urlaubstage anbieten, wenn sie den Nachweis einer Impfung gegen Covid-19 erbringen?
Die Debatte um die finanziellen Anreize für die Impfentscheidung von Arbeitnehmer*innen geht an den aktuellen Bedarfen und Möglichkeiten vorbei. Eine Impfentscheidung ist eine persönliche Entscheidung, die frei von Druck getroffen werden soll. Daher lehnen wir finanzielle Anreize, die Beschäftigte zur Impfentscheidung verleiten sollen, ab. Alle, die sich freiwillig impfen lassen wollen und überhaupt derzeit die Möglichkeit dazu erhalten, sollen von Arbeitgeber*innen unterstützt werden, jedoch nicht durch finanzielle Anreize, sondern indem die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich Beschäftigte während der Arbeitszeit sowohl zu einer Impfung beraten lassen als auch die Impfung während der Arbeitszeit wahrnehmen können. Arbeitgeber*innen können und sollen ihren Beitrag leisten, indem sie Beschäftigte für die Impfberatung und die Wahrnehmung der Impftermine von der Arbeit ohne finanziellen Einbußen freistellen. Für die Impfbereitschaft der Beschäftigten ist zudem die Aufklärung mit Hilfe von evidenz- und wissenschaftsbasierten Informationen entscheidend. Dazu können Arbeitgeber*innen beitragen, indem sie faktenbasierte Informationskampagnen in den Betrieben anbieten. Schließlich können Arbeitgeber*innen – sobald ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht – auch die Impfungen im Betrieb durch Werks- und Betriebsärzte*innen durchführen lassen. Für diese Maßnahmen wäre das Geld wesentlich sinnvoller ausgegeben, als für die Prämien.
Im Übrigen sprechen gewichtige rechtliche Argumente gegen die Zulässigkeit sämtlicher Druck- oder Anreizinstrumente im Zusammenhang mit der Impfung gegen Sars-Cov-2. Es wiederspricht der Verpflichtung der Arbeitgeber, die freie Grundrechtsausübung von Beschäftigten im betrieblichen Kontext zu schützen und zu fördern, wenn sie deren Entscheidung über einen mit der freiwilligen Impfung verbundenen Eingriff die körperliche Unversehrtheit durch verhaltenssteuernde Maßnahme wie eine Prämie beeinflussen wollen. Es ist mit dem Grundsatz der Freiwilligkeit nicht zu vereinbaren, wenn die Einwilligung zur Impfung an die Gewährung bestimmter Vorteile gekoppelt wird (Art. 7 Abs. 4 DSGVO). Zudem könnten sich Beschäftigte, die sich aufgrund begrenzter Impfkapazitäten gar nicht impfen lassen und damit die von dem*der Arbeitgeber*in versprochene Bonuszahlungen nicht erhalten können, auf die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG berufen. Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass der Ausschluss von Beschäftigten von der Prämienzahlung, die aus gesundheitlichen Gründen keine Impfung vornehmen können, deren Diskriminierung aufgrund der Behinderung bedeuten könnte.
Kann der*die Arbeitgeber*in die Corona-Impfung als Bestandteil der Arbeitsschutzmaßnahme im Betrieb einführen? Spielt es dabei eine Rolle, wenn die Impfung über den Betriebsarzt angeboten wird?
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn auch in den Betrieben Impfangebote unterbreitet werden. Gleichwohl ist die Sars-Cov-2-Impfung keine Maßnahme des betrieblichen Arbeitsschutzes. Weder die SARS-CoV-2-ArbSchVO noch der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard oder die SARS-CoV-2-Arbeitschutzregel sehen eine Impfung als Teil der verpflichtenden Hygiene- und Schutzmaßnahmen vor. Dem entspricht auch das arbeitsschutzrechtliche TOP-Prinzip des § 4 ArbSchG: Demnach sind technische Maßnahmen vorrangig vor organisatorischen Maßnahmen. Nur als letztes Mittel können auch personenbezogene Maßnahmen ergriffen werden (Ultima-Ratio-Prinzip). Dabei trägt der*die Arbeitgeber*in das alleinige Betriebsrisiko. Er darf seine Rücksichtnahme- und Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten nicht auf die einzelnen Mitarbeiter/-innen abwälzen, indem er bestimmte medizinische Behandlungen vorschreibt. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Impfung über den Betriebsarzt angeboten wird – es handelt sich in diesem Fall um eine Maßnahme der Gesundheitsvorsorge, die für die Beschäftigten freiwillig bleibt.
Inwieweit ist die Impfung durch Betriebsärzt*innen ein mitbestimmungspflichtiger Umstand?
Wenn der/ die Arbeitgeber*in sich dazu entscheidet, seinen Beschäftigten durch den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin eine Impfung anzubieten, muss in jedem Fall der Betriebsrat beteiligt werden. Denn je nach Ausgestaltung des Impfangebots an die Beschäftigten sind zwingende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats betroffen, etwa wenn es darum geht, ob das Impfen während der Arbeitszeit durchgeführt wird oder nicht, bei der Festlegung von Verhaltensregeln rund um das Impfen (Anmeldung, Reihenfolge, Abstandsregeln) oder wenn der Einsatz technischer Einrichtungen beabsichtigt ist, die geeignet sind, das Verhalten der Beschäftigten zu überwachen (zum Beispiel Anmeldesoftware). Entsprechendes gilt, wenn das Impfprogramm Teil des – erweiterten – gesetzlich vorgeschriebenen Hygienekonzepts ist.