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Rechtsschutz: Urlaubsüberschneidung – Ist die Ablehnung meines Urlaubs rechtens?
"Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen."
Diese Formulierung aus dem Bundesurlaubsgesetz (§ 7 BUrlG) gibt allen Beschäftigten einen eindeutigen Anspruch, sich die Urlaubszeit selbst aussuchen zu dürfen. Der*die Chef*in wird verpflichtet, diesem Wunsch grundsätzlich nachzukommen.
Zwei Gründe zur Urlaubsablehnung
Nur zwei Gründe rechtfertigen eine Urlaubsablehnung: betriebliche Gründe, die noch dazu dringend sein müssen, oder vorrangig zu berücksichtigende Urlaubswünsche von Kolleg*innen.
Bei näherer Betrachtung ergibt sich ein unmittelbarer Zusammenhang dieser Gründe. Bevor geprüft wird, wer von zwei Kolleg*innen vorrangig Urlaub machen darf, ist zunächst zu klären, ob überhaupt dringende betriebliche Gründe einem zeitgleichen Urlaub beider entgegenstehen.
Ablehnung wegen betrieblicher Gründe
Dabei sind Einschränkungen im Betriebsablauf durchaus hinzunehmen. In Betrieben ist nämlich heutzutage die Personaldecke in aller Regel derart knapp, dass jeglicher Personalausfall, sei es krankheits- oder urlaubsbedingt, zu Einschränkungen führt. Ohne Duldung von Einschränkungen im Betriebsablauf wäre also jeglicher Urlaub ausgeschlossen.
Wann liegen dringende betriebliche Belange vor?
Weit verbreitet ist der Irrtum, eine Vertretungsmöglichkeit innerhalb ein und derselben Abteilung müsse gegeben sein, damit der Urlaub genehmigt werden kann. Wenn eine Urlaubsvertretung problemlos abteilungsübergreifend möglich ist, bei einem Textileinzelhändler beispielsweise durch Verkäufer*innen der Herrenoberbekleidungsabteilung, können problemlos beide Verkäufer der Damenoberbekleidungsabteilung gleichzeitig Urlaub machen.
Bei einer (drohenden) Urlaubsablehnung lohnt es sich also, gegebenenfalls mit Hilfe des Betriebsrates genau zu überprüfen, ob tatsächlich dringende betriebliche Belange dem Urlaub entgegenstehen. Dadurch erspart man sich die oft unangenehme und im konkreten Fall vielleicht aussichtslose Prüfung, ob die Urlaubswünsche anderer vorrangig zu berücksichtigen sind.
Urlaubsvorrang anderer aus sozialen Gründen
Erst dann, wenn nach der Prüfung der dringenden betrieblichen Belange tatsächlich feststeht, dass von zwei konkurrierenden Kolleg*innen nur eine*r Urlaub machen kann, stellt sich die Frage: Muss wirklich wieder ich zurückstecken, oder bin nicht ich in diesen Sommerferien mal derjenige, der die Sonne genießen darf und dafür Urlaub bekommt?
Das Bundesurlaubsgesetz erwähnt ausschließlich soziale Gesichtspunkte, nach denen die Reihenfolge der "Urlaubskonkurrent*innen" bestimmt werden darf.
Hier muss der*die Arbeitgeber*in eine vollständige Abwägung aller sozialen Gesichtspunkte vornehmen. Dies ist letztlich immer eine Einzelfallentscheidung, die allerdings gerichtlich überprüfbar ist.
Urlaubsvorrang wegen familiärer Situation
Zu berücksichtigen sind beispielsweise Lebensalter und Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie familiäre Situation und Unterhaltspflichten.
Schulpflichtige Kinder und ein*e Lebenspartner*in, der*die bei seinem*ihrem Urlaub auf die Schulferien angewiesen ist, sind allgemein als Grund für eine vorrangige Urlaubsberücksichtigung in den Schulferien angesehen. Dies ist aber keineswegs ein Freibrief. Teilt man die Schulferien, können mehrere Beschäftigte hintereinander berücksichtigt werden. Reicht auch das nicht, um alle Urlaubswünsche zu berücksichtigen, ist im Folgejahr zu "tauschen". Außerdem gibt es Schulferien ja nicht nur im Sommer.
Welche sozialen Gesichtspunkte gibt es noch?
Es gibt auch andere gewichtige soziale Gründe, die zu einer vorrangigen Urlaubsberücksichtigung führen können: Gesundheitliche Aspekte, aufgrund derer der Urlaub zu einer bestimmten Jahreszeit genommen werden muss, sind ebenso zu berücksichtigen wie beispielsweise das Vorhaben, an einer familiären oder religiösen Feier teilnehmen zu wollen. Und ein Fußballfan, der Spiele einer alle vier Jahre stattfindenden Weltmeisterschaft besuchen möchte, hat auch gewichtige soziale Gründe. Immer häufiger besteht auch die Notwendigkeit, Kleinkinder zu einer bestimmten Zeit betreuen zu müssen, weil die KiTa geschlossen ist.
Welche Kriterien letztendlich vorrangig sind, lässt sich nicht allgemein festlegen; entscheidend ist die Konstellation im Einzelfall.
Rechtzeitige Urlaubsplanung ist wichtig
Zur Vermeidung überschneidender Urlaubswünsche hilft eine langfristige Planung sowie eine Absprache mit den direkten Arbeitskolleg*innen. Eine Einigung untereinander ist allemal besser als eine Entscheidung durch Chefin oder Chef. Wer seinen Urlaubszeitpunkt frühzeitig festlegt, ist im Vorteil.
Aber Vorsicht! Es gilt nicht unbedingt das Windhund-Prinzip. Auch plötzlich eintretende Umstände, wie ein unerwarteter Todesfall in der Familie, können einen Urlaubswunsch rechtfertigen. Und die Behauptung „"Ich habe aber schon gebucht" bringt im Einzelfall keine Vorteile, sondern allenfalls ein hämisches Grinsen anderer, wenn man nach der Urlaubsablehnung auf den Kosten sitzen bleibt.
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates
Wenn im Betrieb ein Betriebsrat gewählt ist, hat dieser bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und der Festlegung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Beschäftigte nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht, wenn zwischen Arbeitgeber*in und den beteiligten Arbeitnehmer*innen kein Einverständnis erzielt wird.
Beschäftigte, die bei einer Urlaubsablehnung ihre persönlichen Interessen nicht gewahrt sehen, können versuchen, mit Hilfe des Arbeitsgerichtes ihren Urlaub durchzusetzen. In Eilfällen ist dann wegen der erhebliche Prozessdauer der Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen. Betroffene sollten umgehend zu ihrer Gewerkschaft oder zum DGB Rechtsschutz gehen und prüfen lassen, ob eine Dringlichkeit für den vorläufigen Rechtsschutz gegeben ist. Die Maßstäbe sind hier sehr streng.
Wir raten dringend davon ab, nach endgültiger Ablehnung eigenmächtig doch den geplanten Urlaub anzutreten. Dies endet oftmals mit einer fristlosen Kündigung.