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Tarifliche Zusatzrente: Im Alter eine gute Stütze

Rente
(Foto: wir_sind_klein / Pixabay)
07.06.2021
Rente

"Ihr werdet euch noch wundern, wenn ich erst Rentner bin, sobald der Stress vorbei ist, dann lang ich nämlich hin." Laut Udo Jürgens fängt mit 66 Jahren das Leben an. Doch nicht jede*r Beschäftigte denkt so optimistisch an den neuen Lebensabschnitt im Alter.

Oft mischen sich in die Pläne für die Zeit nach dem Arbeitsleben auch Ängste und Zweifel, ob das Geld für ein finanziell sorgenfreies Leben genügen wird. Denn wir wissen längst: Die gesetzliche Rente allein wird dafür nicht ausreichen.

Darum ist es gut, dass wir in einigen Branchen auf eine zusätzliche Altersvorsorge aus unseren Tarifverträgen zählen können. Diese tariflichen Branchenrenten hat die IG BAU für ihre Mitglieder mit den Arbeitgeber*innenverbänden ausgehandelt.

"Für die Beschäftigten am Bau gibt es sogar die Möglichkeit, mit Hilfe von zwei tarifvertraglichen Zusatzrenten die gesetzliche Rente aufzubessern", betont Christian Helberg, IG BAU-Mitglied und Kundenbetreuer im Außendienst bei SOKA-BAU (Sozialkassen der Bauwirtschaft). Da sind zum einen die Tarifrente Bau beziehungsweise Rentenbeihilfe, in die ausschließlich der*die Arbeitgeber*in einzahlt, und zum anderen die BauRente ZukunftPlus, in die der*die Arbeitgeber*in einen tarifvertraglichen Zuschuss in Höhe von 30,68 Euro und der*die Beschäftigte mittels Entgeltumwandlung einen Eigenbeitrag einzahlt. "Anspruch darauf haben in der Regel IG BAU-Mitglieder, die in Innungsbetrieben beschäftigt sind", erklärt Helberg. "Aber leider wissen das noch immer viel zu wenig, und verschenken dadurch bares Geld." Und das nicht zu knapp: Ein 20-jähriger Junggeselle, der in die BauRente ZukunftPlus pro Monat 9,20 Euro brutto investiert (was netto 4,66 Euro bedeuten), bekommt bei ununterbrochener monatlicher Beitragszahlung bei Vollendung des 67. Lebensjahres monatlich 73,60 Euro oder rund 25 000 Euro Gesamtsumme. Selbst im fortgeschrittenen Arbeitsalter lohnt es sich einzuzahlen. Wer mit 50 Jahren beginnt, monatlich 70 Euro brutto (gleich rund 40 Euro netto) zu investieren, bekommt mit Vollendung des 67. Lebensjahrs monatlich knapp 70 Euro oder gut 19 800 Euro Gesamtsumme.

"Das ist im Alter eine richtig gute Stütze." Geld, mit dem man, wenn der Arbeitsstress vorbei ist, so richtig hinlangen kann. Doch nicht in allen Branchen stehen die tariflichen Zusatzrenten, in die ausschließlich der*die Arbeitgeber*in einzahlt, auf sicheren Füßen.

Reformen sind nötig

Der demografische Wandel und die niedrigen Zinsen verlangen bei manchen Rentenbeihilfeverfahren eine Reform der vereinbarten Rahmenbedingungen, um das System zu stabilisieren. Aktuelles Beispiel: die Rentenbeihilfe für das Betonsteingewerbe Nordwestdeutschland. Die IG BAU schlägt deswegen für diese Branche ab dem 1. Januar 2024 eine neue Tarifrente vor. Diese soll an die bewährte Tarifrente Bau von SOKA-BAU angelehnt werden, die seit 2016 für das Bauhauptgewerbe gilt und in die ausschließlich die Arbeitgeber*innen einzahlen. Die Arbeitgeber*innen im Betonsteingewerbe sträuben sich allerdings noch.

Mehr Weitsicht haben da die Arbeitgeber*innen in der Steine- und Erden-Industrie Bayern an den Tag gelegt. Durch Beitragsanhebung, die ausschließlich zulasten der Betriebe geht, haben alle aktuellen wie zukünftigen Beschäftigten eine feste Zusage bis ans Lebensende auf eine betriebliche Zusatzrente von bis zu 74,65 Euro pro Monat. Ein wichtiger Baustein für ein gutes Leben nach dem Arbeitsleben.

Diesen hätten auch gerne die Beschäftigten in der Landwirtschaft wieder. Auch hier ist die Zukunft der tariflichen Zusatzrente momentan Thema in den Tarifverhandlungen.

Der bisherige Tarifvertrag wurde vom Arbeitgeberverband gekündigt. Wieso? Ihr Beitrag war ihnen zu teuer. Und das, obwohl der seit den 1990er-Jahren nicht erhöht wurde und nur 5,20 Euro im Monat pro Arbeitnehmer*in beträgt.

Jetzt gilt es, dafür zu kämpfen, einen Tarifvertrag über eine neue, zukunftsfähige Zusatzrente abzuschließen. Die Gespräche haben bereits begonnen, und es gibt positive Signale: Beide Tarifvertragsparteien streben einen Tarifvertrag zur Zusatzrente an – heißt es.

Aber so wichtig und gut Zusatzrenten auch sind, sind sie nicht die ultimative Lösung, Altersarmut zu verändern (Wer wissen möchte, ob und welche Art der Zusatzrente für seine Branche existiert, kann sich an die zuständige Sozialkasse werden.).

Gerade auch in IG BAU-Branchen sind Beschäftigte von Niedrigrenten bedroht, die ihren Lebensstandard nicht mehr sichern können. Viele schaffen es aufgrund der hohen Belastung durch harte Arbeit nicht bis zur Regelaltersgrenze von 67 Jahren. Diskussionen über eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters erteilt die IG BAU eine klare Absage. Denn das würde für die Betroffenen faktisch unzumutbare Rentenkürzungen bedeuten.

Das Niveau der gesetzlichen Rente muss daher wieder angehoben werden. Gemeinsam mit dem DGB fordern wir, das aktuelle Rentenniveau über das Jahr 2025 hinaus dauerhaft zu stabilisieren und perspektivisch auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen. Dafür müssen ohnehin erforderliche Beitragserhöhungen vorgezogen werden. Dies kann aber nur der erste Schritt sein. Wir brauchen endlich einen Einstieg in die Fortentwicklung unseres Rentensystems zu einer Bürger*innenversicherung, in die jede*r einzahlt.

Denn nur mit einer Rente, die für ein würdiges Leben im Alter reicht, fängt ein neues Leben an.

Text: Christiane Nölle