Robert Feiger
Robert Feiger (© IG BAU, Tobias Seifert)
27.12.2024
Pressemitteilungen 2024

IG BAU formuliert ihre Positionen zur vorgezogenen Bundestagswahl. / Absage an Erhöhung des Ruhestandsalter.

Fast jeder kennt sie, die kleinen Wanderbaustellen in den Ortsvierteln. Da wird derzeit mit viel Geld vom Staat eifrig Glasfaserkabel verlegt für ein megaschnelles Internet. Was aber kaum einer weiß ist, unter welchen Bedingungen die Arbeiterinnen und Arbeiter die Straßen aufreißen, um die Kabelschächte einzugraben. Oftmals wird nicht mal der Mindestlohn bezahlt, die Arbeitszeiten entsprechen nicht den Regelungen, die Behausungen sind miserabel und anderes mehr. Eine Crux ist dabei zudem, dass die temporären Baustellen schlecht zu kontrollieren sind. "An diesem Beispiel ist wieder deutlich zu sehen, dass wir gerade auch für die Bauindustrie endlich ein bundesweites Tariftreugesetz brauchen. Sonst herrscht schnell Beschäftigung nach Gutsherrenart", sagt Robert Feiger, Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU).

Im Jahr 2022 hatten nur noch für rund 51 Prozent der Arbeitnehmer*innen in Deutschland Tarifverträge ihre Gültigkeit – mit sinkender Tendenz. Deshalb fordert die Baugewerkschaft zur anstehenden Bundestagswahl, dass öffentliche Aufträge nur noch an Firmen vergeben werden, die tarifgebunden sind. Konkret bedeutet das, dass die Entlohnung, die Arbeitszeit, der Urlaub und vieles andere mehr klar geregelt sind. Üblich im Glasfaserbau wie auch bei anderen Bauprojekten ist zudem die sogenannte Unterauftragsvergabe. Das heißt, die Aufträge werden mehrmals an weitere Subunternehmer vergeben. "Da weiß das unterste Kettenglied gar nicht mehr wer eigentlich ganz oben der Auftraggeber ist", erklärt Feiger. Deshalb sollten diese Subunternehmerketten auf maximal zwei Glieder begrenzt werden. Schließlich sollte auch der ursprüngliche Auftraggeber bei arbeitsrechtlichen Verstößen haften. Bislang beschränkt sich die Haftung nur auf reine Baufirmen. Im Falle der Glasfaserverlegung sind die eigentlichen Großauftraggeber wie die Telekom, Vodafone, O2 und andere rechtlich außen vor.

Eine klare Absage erteilt der IG Bau-Chef Diskussionen über die Anhebung des Renteneintrittsalters. "Für uns ist das eine reine Phantom-Diskussion, in unseren Branchen, also am Bau, in der Gebäudereinigung, im Forst und in der Landwirtschaft, schaffen viele aufgrund der harten Arbeit nicht mal die jetzige Zielmarke von 67 Jahren." Er bringt dazu das Altersflexi-Geld ins Spiel: Eine neue Art Kurzarbeitergeld für Beschäftigte, die nachweislich aus gesundheitlichen Gründen ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr oder nicht mehr in Vollzeit ausüben können. Hier geht es um Arbeitnehmer*innen, die im Alter von 58 bis 63 Jahren und schon lange in der Branche tätig sind. Finanziert werden soll das Flexi-Geld durch den Staat sowie den Tarifvertragsparteien. Ferner spricht sich die IG BAU gegen eine "radikal marktliberale" Rente aus, die vom Aktienmarkt abhängig ist. "Um die die Finanzbasis der Rente auszuweiten, sollten wir viel mehr an eine Bürgerversicherung denken, in die alle solidarisch einzahlen", erklärt Feiger.

Eine Meldung kurz vor Weihnachten hat uns alle aufhorchen lassen. Nach einer jüngsten Studie des Paritätischen Gesamtverbandes sind 21,2 Prozent der Bevölkerung von Wohnarmut betroffen. Das ist deutlich mehr, als man bislang angenommen hatte. Und es ist auch kein Wunder, denn ein Drittel aller Mieter*innen zahlen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen. Im Jahr 2023 fehlten schon über 800 000 Wohnungen in Deutschland, der Sozialwohnungsbestand ist rückläufig. "Da läuft schon seit langem etwas gewaltig schief. Das ist im Übrigen auch sozialer Sprengstoff, lange wird das nicht mehr gut gehen", sagt Gewerkschaftschef Feiger. Er fordert deshalb erneut, dass Bund und Länder anteilig 50 Milliarden Euro für den Bau von 100 000 Sozialwohnungen bereitstellen. "Runter von der Schuldenbremse, Vollgas beim Wohnungsbau muss die Devise lauten." Um den bezahlbaren Wohnraum anzukurbeln, sollte es zinsverbilligte Darlehn geben. Die Mieten sollten langfristig auf einem niedrigen Niveau eingefroren werden. Auch das sollte sich im neuen Koalitionsvertrag wiederfinden.

IG BAU Positionen zur vorgezogenen Bundestagswahl: Tariftreue, Flexirente und bezahlbarer Wohnraum

Unsere ausführlichen Positionen zur vorgezogenen Bundestagswahl: https://igbau.de/Unsere-Position-2025