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Was tun, wenn die Hygiene-Vorschriften nicht eingehalten werden?

Baustelle
(Foto: Pixabay)
27.03.2020
Bauhauptgewerbe

Seit Sonntag, 23. März 2020 ist klar: Zum Schutz vor der Ausbreitung des Corona-Virus müssen Mindestabstände und Hygienestandards eingehalten werden.

Gerade die Bauwirtschaft wird hierbei vor besondere Herausforderungen gestellt. Relativ häufig kommen trotz der ernsten Situation Sätze wie „das ist auf dem Bau nicht umsetzbar“ oder „die Hygiene war am Bau nie ein Thema“. Dabei ist zu beachten, dass viele Vorgaben (wie die Möglichkeit sich unter fließendem Wasser die Hände waschen zu können) schon lange in den sogenannten Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR 4.1), geregelt sind.

 

Fakt ist: Wer sich nicht an die Vorgaben der Bundesregierung hält, spielt mit der Gesundheit und am Ende auch dem Leben seiner Mitmenschen.

Fakt ist: Trotz aller Einschränkungen ist ein Weiterarbeiten auch in den Branchen der Bauwirtschaft möglich. Und genau wie in anderen Branchen, wie in der Pflege oder der Gebäudereinigung und den Versorgern auch notwendig. Denn die Bauleute leisten einen wichtigen Beitrag, um dieses Land am Laufen zu halten.

Für uns als Gewerkschaft IG BAU ist klar: Die Gesundheit steht an erster Stelle. Können die Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden, müssen die einzelnen betroffenen Baustellen vorerst stillgelegt werden. Denn hier geht es um Menschenleben!

Hier ein paar Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema:

Müssen die Sicherheitsabstände am Bau überhaupt eingehalten werden?

Ja, diese gelten auch für den Bau. Das gilt für die Fahrt im Bulli genauso wie auf der Baustelle selbst als auch in der Bau-Bude. Das hat im Übrigen nichts mit der Schließung von Betrieben oder dem allgemeinen Kontaktverbot zu tun.

Die Sicherheitsabstände können nicht bei allen Tätigkeiten auf der Baustelle eingehalten werden. Was kann ich tun?

Für solche Arbeiten müssen entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen werden. Das umfasst zum Beispiel Masken und Handschuhe für die Bauarbeiter*innen. Wenn es nicht anders geht, sollten die Arbeiten vorläufig nicht ausgeführt werden.

Welche Behörde ist für die Überprüfung der Arbeitsstätten vor Ort zuständig?

Die Zuständigkeiten für die Überprüfung der Arbeitsstätten vor Ort sind regional unterschiedlich verteilt. Ein guter erster Ansprechpartner ist in der Regel das örtliche Gesundheitsamt. Zuständig können aber auch die Gewerbeaufsicht oder das Ordnungsamt sein.

Das zuständige Gesundheitsamt ist ganz einfach zu finden: https://tools.rki.de

Meine Firma hält sich nicht an die Vorgaben der Bundes- und Landesregierung; wir haben keine Möglichkeit, um uns die Hände zu waschen und zu desinfizieren. Was kann ich tun?

Das BMAS (Bundesministerium Arbeit und Soziales) empfiehlt bei Verstößen im Betrieb und auf Baustellen beim Thema Corona, umgehend das Gesundheitsamt in der jeweiligen Region (Stadt) zu informieren.

Die Behörde hat hier die Möglichkeit tätig zu werden und kann auch anordnen, die Arbeit einzustellen. Das zuständige Gesundheitsamt ist ganz einfach zu finden: https://tools.rki.de

Zeitgleich sollte, soweit vorhanden, der Betriebsrat informiert werden, der ebenfalls Möglichkeiten hat, Gesetze und Vorschriften im Betrieb durchzusetzen.

Kann ich aufgrund der Pandemie zuhause bleiben?

Arbeitnehmer*innen, die nicht erkrankt sind, steht kein Recht zu, ihre Leistung zu verweigern. Ganz im Gegenteil: sie sind weiterhin verpflichtet, ihre arbeitsrechtlichen Aufgaben zu erfüllen und Weisungen Folge zu leisten.

Mein Arbeitgeber gibt mir jetzt Aufgaben, für die ich üblicherweise nicht zuständig oder verantwortlich bin; muss ich diese ausführen?

Der Arbeitgeber kann seinen Beschäftigten zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs auch solche Arbeiten zuweisen, die vertraglich zuvor so nicht vereinbart wurden, sofern die einzelnen Beschäftigten die erforderliche Eignung besitzen und zustimmen. Dies gilt in örtlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht.

Wenn es einen Betriebsrat gibt, ist dieser bei einer erforderlichen Versetzung gem. § 99 BetrVG zu beteiligen.

Was passiert, wenn der Arbeitgeber mich wegen der Pandemie nach Hause schickt, weil ich an Corona erkrankt bin?

Bei Krankheit besteht wie immer Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen. Danach besteht Anspruch auf Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse.

Untersagt die zuständige Behörde die Ausübung der beruflichen Tätigkeit, besteht auch über den Lohnfortzahlungszeitraum von sechs Wochen hinaus Anspruch auf Ersatz des Entschädigung für den entgangenen Verdienst nach dem Infektionsschutzgesetz.

Was passiert, wenn der Arbeitgeber mich wegen der Pandemie nach Hause schickt, obwohl ich gesund bin und Arbeit da ist?

Es besteht Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Die Arbeitskraft sollte ausdrücklich und nachweislich, am besten schriftlich, angeboten werden.

Was passiert, wenn der Arbeitgeber mich wegen der Pandemie nach Hause schickt, obwohl ich gesund bin aber wegen Arbeitsausfall nicht arbeiten kann?

Der Arbeitgeber ist berechtigt, Arbeitszeitguthaben abzubauen. (vgl. § 3 Ziffer 1.43 BRTV).

Was passiert, wenn ich gesund bin, aber wegen notwendiger Kinderbetreuung nicht arbeiten kann?

Das muss individuell mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden, unter Umständen besteht wegen persönlicher, unverschuldeter Verhinderung Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB. Im Zweifel muss Urlaub genommen werden.

Wo kann ich mich über Fragen der Hygiene am Bau noch informieren? Welche Regeln gelten sonst noch?

Nähere Infos gibt es online bei uns und unter folgenden links:

Berufsgenossenschaft

www.bgbau.de

Gesundheitsämter

https://tools.rki.de

Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG) § 4 Allgemeine Grundsätze

https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__4.html

Allgemeine Grundsätze

Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes folgende Grundsätze ausgehen:

1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die psychische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird

2. Gefahren sind an der Quelle zu bekämpfen

3. bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen

4. individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen;

5. spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen;

6. den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen;

7. mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

https://www.bmas.de/DE/Startseite/start.html