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Bietet das Betriebsverfassungsgesetz ausreichend Schutz oder ist eine Novellierung nötig?

Frage
(Foto: Even Dennis / Unsplash)
12.07.2021
Bildung / Mitbestimmung

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) besteht seit 1952. Es gibt Initiativen zur Stärkung der Mitbestimmung, aber auch Defizite. Folgende  Mitwirkungsrechte haben Betriebsräte bisher: In sozialen Angelegenheiten (Paragraf 87 BetrVG), das heißt: Immer dann, wenn nicht unmittelbar die Art der Ausführung der Arbeit, sondern die Arbeitnehmer*innen als Individuum betroffen sind, ist eine "starke" Mitbestimmung vorgesehen.

Der Betriebsrat steht in sozialen Entscheidungen auf einer Stufe mit dem*der Arbeitgeber*in, er kann Entscheidungen mitgestalten. In personellen Angelegenheiten wie Einstellungen oder Kündigungen besitzt der Betriebsrat das Recht, die Zustimmung zu Maßnahmen zu verweigern (bei Einstellungen, Eingruppierungen, Umgruppierungen oder Versetzungen) oder das Recht, zu widersprechen (bei Kündigungen). Eine Gestaltungsmöglichkeit ist hier nicht eröffnet. In wirtschaftlichen Angelegenheiten ist der Betriebsrat auf ein Informationsrecht beschränkt, das regelmäßig vom Wirtschaftsausschuss wahrgenommen wird. Eine unmittelbare Einflussnahme auf wirtschaftliche Entscheidungen des Unternehmens ist dem Betriebsrat rechtlich versagt. Im Einzelnen bedeutet das weiter Mitbestimmung bei Arbeitnehmer*innendaten, Arbeits- und Unfallschutz, Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsverfahren sowie Berufsbildung.

Dazu fragte unser Mitgliedermagazin Der Grundstein/Der Säemann: Sollte das Betriebsverfassungsgesetz novelliert werden?

Klaus Ulrich, Leiter Referat Mitbestimmung im Bundesvorstand der IG BAU:

Ein Schritt in die richtige Richtung macht das Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Zwar gibt es gute Ansätze, wie die Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens, Stärkung der Rechte von Betriebsräten bei fortschreitender Digitalisierung und einem verbesserten Kündigungsschutz von Wahlbewerber*innen. Kern des BetrVG ist aber nach wie vor der Betrieb. Ohne Betrieb, auch keine Betriebsverfassung. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass heute agil gearbeitet wird, ein Betrieb wie Büro oder Fabrik ist nicht mehr so wichtig. Wir kennen das aus unseren Branchen, verstreute Objekte oder Baustellen bundesweit. Hier gilt es anzusetzen und sicherzustellen, dass auch in Zukunft Betriebsräte die Beschäftigten schützen können, egal wie sich die Art und Weise unserer Arbeit noch verändert.