Frauen Bau
Zwei von 13 Prozent: Anja (rechts auf dem linken Bild, zusammen mit ihrer Schwester) und Johanna (rechtes Bild). (© privat)
12.05.2021
Junge BAU Aktuell

Die ein oder andere Kollegin hat es bestimmt schon erlebt: Wenn Frauen für sich gleichen Lohn und gleiche Karrierechancen einfordern, kommt gelegentlich die Antwort, dass sie dann doch bitte schön auch in denselben Berufen arbeiten sollen wie Männer. Ihnen wird unterstellt, dass sie schmutzige und körperlich belastende Arbeiten meiden und die Zahlen geben diesem Vorurteil scheinbar recht: Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit vom März 2020 waren im gesamten Baugewerbe nur rund 13 Prozent der Beschäftigten weiblich. Niedriger ist die Zahl für das Bauhauptgewerbe, dort liegt der Frauenanteil bei 10 Prozent, beim Bauausbaugewerbe sind es wiederum 15 Prozent.

Aber ist es einfach so, dass Frauen einfach kein Interesse an Bau-Berufen haben? Nicht ganz. Hört man sich unter Kolleginnen um, zeigt sich, dass das Baugewerbe weiblichen Beschäftigten gegenüber wenig Entgegenkommen zeigt. Schlechtere Entlohnung für die gleiche Arbeit, größere Hürden bei der Karriere, vielfältige Formen von Diskriminierung ist das, was auch 2021 viele junge Frauen erfahren, nachdem sie sich für einen Beruf auf dem Bau oder im Handwerk entschieden haben. Manche Kommentare und Reaktionen von Vorgesetzten und Kollegen sind so absurd, dass man darüber lachen möchte. Für die Betroffenen ist diese Realität aber selten lustig. Erfahrungen von Kolleginnen aus den Branchen:

Für Johanna, einer jungen Dachdeckerin, begann der Eindruck der Benachteiligung bereits beim Bewerbungsprozess. 15 Bewerbungen schrieb sie, auf 11 davon gab es keine Antwort und auch auf ihre Anrufe reagierte niemand. Von drei weiteren bekam sie Absagen, einmal mit der Begründung, dass in dem Jahr kein Azubi aufgenommen werden sollte – einen Monat später stellte der Arbeitgeber einen jungen Mann als Azubi ein. Ein anderer Arbeitgeber begründete seine Absage mit „Das wird uns zu kompliziert, das machen wir nicht“.

Auch Anja, mittlerweile Meisterin im Maler- und Lackiererhandwerk, musste sich schon vieles anhören. Etwa, dass sie als Meisterin bestimmt bald schwanger wird (aber dann immerhin im Büro arbeiten kann). Und überhaupt würden doch Frauen einmal im Monat ausfallen – einem Vorwurf, dem  Anja mit dem Hinweis begegnet, dass es nicht so wäre, gäbe es auf den Baustellen Toiletten („P… doch in einen Eimer“ war der wenig konstruktive Lösungsvorschlag ihres Arbeitgebers). Anja ist selbstbewusst und scheut sich nicht, ihre Interessen durchzusetzen: "Ich hatte den Vorteil, dass ich die Gewerkschaft im Rücken hatte. Dadurch wusste ich was mir zusteht und was Gesetz ist!"

Vieles, was Frauen davon abhält, auf dem Bau oder im Handwerk zu arbeiten, sind strukturelle Probleme, die sich beheben lassen – durch aufgeschlossene und engagierte Arbeitgeber*innen, aber auch durch Unterstützung durch die Gewerkschaft und von männlichen Kollegen. Diese würden von Verbesserungen in der Branche auch profitieren, sei es durch familienfreundlichere Arbeitszeiten und Karrieremöglichleiten, einem respektvolleren Umgang untereinander oder schlicht und einfach durch Toiletten.

"Junge Frauen wollen alle Berufe ausüben, auch Berufsbilder, die im Moment noch männerdominiert sind! Sie brauchen dieselben Möglichkeiten – und ja, einige von ihnen müssen auch erst noch ermutigt werden" fasst das für die Junge BAU zuständige Bundesvorstandsmitglied Nicole Simons die aktuelle Situation zusammen.

Zwischen 2000 und 2015 stieg der Frauenanteil im Baugewerbe – wenn auch nur um ein Prozent. Wir sind überzeugt: es könnte noch schneller gehen!

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