Gruppenfoto der Teilnehmer*innen der Delegation mit dem früheren Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders.
(Foto: privat) Kontakte geknüpft: Die Teilnehmer*innen der Delegation mit dem früheren Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders (Mitte).
27.12.2024
Junge BAU Aktuell

Ende September brach eine Delegation der DGB-Jugend in die USA auf. Für die IG BAU dabei: unser Kollege Stefan Gerbig. Ihn erwartete eine Woche im Austausch mit verschiedenen Gewerkschaften und Organisationen, von der Dienstleistungs-Gewerkschaft SEIU bis zur Jugendorganisation der Demokratischen Partei YDA. Ebenso stand die Teilnahme an Demonstrationen und Wahlkampfveranstaltungen auf dem Programm.

Grundstein: Du warst kurz vor den Wahlen in den USA – wie war die Stimmung unter den dortigen Gewerkschafter*innen?

Stefan Gerbig: Uns erwartete eine Woche zwischen Sorgen und Hoffnungen – vor allem auf den Ausgang der US-Präsidentenwahl bezogen. Bis zur Wahl Anfang November, nach der die Demokraten die Macht wieder an die Republikaner unter Trump abgeben mussten, waren nahezu alle Gewerkschaften, die wir getroffen haben, sehr optimistisch, was die politische Lage angeht. Die Biden-Regierung wurde unter allen Gewerkschaften als die "gewerkschaftsfreundlichste Regierung" aller Zeiten bezeichnet.

Hast du seit den Wahlen noch mal von Kolleg*innen aus den USA gehört? Wie gehen sie mit der Aussicht auf eine weitere Amtszeit Trumps um?

Wie es nun für die Gewerkschaften in den USA weitergeht, kann man im Moment wohl noch nicht einschätzen, aber das Leben der Gewerkschafter*innen wird sicher nicht leichter werden. Ich habe natürlich angefragt, wie es den Kolleg*innen geht. Ich glaube aber, dass sie nun erstmal andere Sorgen haben, als mir zu antworten.

Worin unterscheiden sich US-amerikanische Gewerkschaften von deutschen? Und worin sind wir uns ähnlich?

Einer der größten Unterschiede in der Gewerkschaftsarbeit ist wohl, dass die Grundlagenarbeit in den Betrieben in den USA im Geheimen geschehen muss – bis zur endgültigen Abstimmung innerhalb der Belegschaft, ob gewerkschaftliche Organisation überhaupt gewünscht ist. Bei dieser Abstimmung müssen mehr als die Hälfte der Beschäftigten für „Ja“ stimmen. Wenn sie anschließend in Haustarifverhandlungen treten, ist eine der ersten Forderungen üblicherweise ein Zuschuss zur Krankenversicherung. Das ist bei uns zum Glück anders. Ansonsten arbeiten die Kolleg*innen sehr ähnlich wie wir: Sie wollen Menschen für Gewerkschaften begeistern, sie empowern und gemeinsame Kämpfe organisieren.

Welche Erkenntnisse hast du mitgebracht?

Eine Erkenntnis war, dass sich deutsche Unternehmen oft dort in Amerika niederlassen, wo es Gewerkschaften besonders schwierig haben. Dieses Verhalten finde ich erschreckend, auch wenn es natürlich einer kapitalistischen Logik folgt. Das zeigt aber auch, dass wir in Deutschland unseren Einfluss nutzen müssen, damit auch in anderen Ländern gewerkschaftliche Arbeit nicht bekämpft wird.

Für uns als IG BAU kann ich mitnehmen, dass wir, was das Thema Organizing* angeht, auf dem richtigen Weg sind. Sowohl mit unserer Arbeit vor Ort, als auch beim digitalen Organizing, das wir gerade aufbauen.

Vielen Dank für diesen spannenden Einblick!

Ich danke der DGB-Jugend und der Jungen BAU für diese tolle Möglichkeit. Bei weltweit agierenden Konzernen müssen auch wir uns weltweit vernetzen.