Spargel
(Foto: Webandi / Pixabay)
01.03.2022
Forst- und Agrarwirtschaft

Frisches Obst und knackiges Gemüse – damit diese auf unseren Tellern landen, gibt es viele Saisonarbeiter*innen. Oft arbeiten sie unter miserablen Bedingungen. Damit in der Saisonarbeit nicht ebenso dramatische Zustände wie in der Fleischindustrie entstehen, müssen sie jetzt besser geschützt werden. Mobile Beschäftigte in der saisonalen Landwirtschaft müssen grundsätzlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Keinesfalls darf ihre versicherungsfreie Beschäftigung erneut wie 2020 und 2021 ausgedehnt werden. Der Koalitionsvertrag für die aktuelle Wahlperiode enthält erste Schritte für den besseren Schutz Saisonbeschäftigter, die es auszubauen gilt.

Saisonarbeit ohne Sozialversicherung ist Teil des Ausbeutungssystems

Zur anstehenden Erntesaison 2022 sagt Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied: "Saisonarbeit ohne Sozialversicherung ist kein Naturgesetz, sondern Teil des Ausbeutungssystems der Arbeitgeber. Die Koalitionsparteien haben vereinbart, dass Saisonbeschäftigte künftig vom ersten Tag an krankenversichert sein sollen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber bei weitem nicht aus. Saisonbeschäftigte brauchen einen lückenlosen Sozialversicherungsschutz. Von unseren Beraterinnen und Beratern vor Ort wissen wir, dass Saisonarbeiter*innen oft keiner weiteren Arbeit in ihrem Heimatland nachgehen, was Bedingung für die kurzfristige Beschäftigung wäre. Das heißt in der Folge: Keine Kranken- und Arbeitslosenversicherung, keine Rente. Was eigentlich als Ausnahmeregel für Ferien- und Studierendenjobs vorgesehen war, wird von den Arbeitgebern gezielt ausgenutzt, um Menschen aus anderen EU-Staaten zu miesen Bedingungen, ohne sozialen Schutz und für wenig Geld zu beschäftigen. Die neue Bundesregierung darf nicht vor Lobbyisten und Landwirtschaftsverbänden einknicken."

Saisonbeschäftigte besser schützen

"Wenn wir in der Saisonarbeit nicht ebenso dramatische Zustände wie in der Fleischindustrie wollen, müssen Saisonarbeiter*innen besser geschützt werden. Auch wenn Saisonbeschäftigte nicht in kalten, feuchten Räumen wie Beschäftigte in der Fleischwirtschaft arbeiten, so sind sie doch denselben Infektionsrisiken ausgesetzt: Durch den Transport in vollen Bussen zum Arbeitsort und durch die schlechten Unterkünfte, teils in Containern, in denen viele Menschen Zimmer, Toiletten und Duschen teilen müssen. Es ist ein Unding, dass Menschen unter solchen Bedingungen bislang oft nicht einmal krankenversichert sind. Wir erwarten von der neuen Regierung an dieser Stelle eine schnelle Umsetzung der Versprechen aus dem Koalitionsvertrag."

Schluss mit dem schamlosen Ausnutzen des Lohngefälles in Europa

"Die Gewerkschaften fordern, dass die kurzfristige Beschäftigung nur für Schülerinnen und Schüler und für Studierende zulässig sein darf. Sie muss außerdem wieder auf die ursprüngliche Zeitspanne von 50 Tagen im Kalenderjahr begrenzt sein. Diesen möglichen Zeitraum auszuweiten verbietet sich. Dass bei der Ernte in Deutschland das Lohngefälle in Europa so schamlos ausgenutzt wird, muss ein Ende haben. Genau wie in der Fleischwirtschaft gilt: Mobile Beschäftigte verdienen sozialen Schutz. Dazu gehören allem voran Krankenversicherung und Altersvorsorge."

Der Beitrag erschien ursprünglich beim Deutschen Gewerkschaftsbund.

Fachkonferenz "Arbeitsbedingungen in der saisonalen Landwirtschaft fair gestalten"

Für den 15. März laden die Friedrich-Ebert-Stiftung, der Deutsche Gewerkschaftsbund, das Projekt "Faire Mobilität" und wir zu einer (hybriden) Fachkonferenz ein.

Interessierte können sich noch bis zum 7. März anmelden (bei: [Bitte aktivieren Sie Javascript]).