Lebensfalle
(Foto: IG BAU) In der Leben(d)sfalle: Minijobs sind für Frauen ein Armutsrisiko.
25.10.2022
Frauen

Um Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können, wählen viele Frauen Minijobs. Dadurch sitzen sie in der "Lebensfalle". Das Versprechen "brutto für netto" erweist sich für die Mehrheit von ihnen als Bumerang.

Nach einer Kündigung fallen sie direkt in das Hartz-IV-System und geraten in existenzielle Not. Die Gruppe der sogenannten "working poor" (die, die sich durch Niedriglohn arm arbeiten) ist gewachsen und wird es mit solchen Maßnahmen weiterhin tun. Dies ist eine Bedrohung der Existenz und der Gesundheit vieler Menschen. Die Probleme der Arbeiter*innenklasse werden ignoriert und nicht ernstgenommen, sondern verstärkt. Wenn der Minijob plötzlich weg ist, besteht weder Anspruch auf Arbeitslosengeld I noch auf Kurzarbeitergeld. Das haben fast eine Million Menschen in der Covid-Krise schmerzhaft erlebt, darunter viele alleinerziehende Mütter.

Die IG BAU-Frauen fordern, dass jede abhängige Beschäftigung ab dem ersten Euro der vollen Sozialversicherungspflicht unterliegt und dass Maßnahmen ergriffen werden, den Niedriglohnsektor einzudämmen sowie die Tarifbindung zu erhöhen. Als Hauptgrund für die Versicherungsfreiheit geringfügig Beschäftigter deklariert der Wissenschaftliche Dienst der Bundesregierung Minijobs immer noch als "Zuverdienst". Doch das sind sie schon längst nicht mehr.

Seit vielen Jahren arbeiten mehr als 20 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland zu Niedriglöhnen, über 70 Prozent davon in Minijobs und davon sind etwa die Hälfte Frauen. Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ab 1. Oktober auf 12 Euro wird durch die hohe Inflation und die weiter steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten den Niedriglohn-Status nicht abschaffen. Die Gebäudereiniger*innen in der IG BAU forderten aus diesem Anlass umgehend die Arbeitgeber zu Entgeltverhandlungen auf, um den tariflichen Abstand zum gesetzlichen Mindestlohn zu verhandeln. Sie haben damit eine erfolgreiche Lohnerhöhung von 16,4 Prozent erreicht. Selbst das ist nunmehr nur ein Tropfen auf den heißen Stein der Inflation.  

Text: Renate Wapenhensch
Der Artikel ist ursprünglich in der September-Ausgabe des Grundstein erschienen.