jasmin frenzel schreibtisch büro
© IG BAU
21.09.2019
Azubis & junge Beschäftigte

Jasmin Frenzel, 24, gehört wohl zu den jüngsten Betriebsrät*innen in der Baubranche. Im Interview verrät die Informatikkauffrau, wie es war, direkt aus der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) in den Betriebsrat gewählt zu werden – und wieso der Sprung ins kalte Wasser eine gute Idee war.

Hallo Jasmin, erzähl doch mal, wie kam es dazu, dass du direkt aus der JAV in den Betriebsrat gewählt wurdest?
Das hat sich immer irgendwie ergeben. Ich fing ja erst mit 22 die Ausbildung an – vorher habe ich studiert, jedoch gemerkt, dass mir eine Ausbildung doch besser liegt. Also fing ich die Ausbildung zur Informatikkauffrau in einer großen Unternehmensgruppe der Baubranche an.

Die JAV kannte ich von Azubitreffen und JA-Versammlungen. Irgendwann wurde ich dann angesprochen, ob ich nicht selbst kandidieren möchte – ich wäre als kommunikativer Typ ja perfekt dafür. Kurz hab ich gezögert, habe schnell jedoch gemerkt, wieviel ich eigentlich für meine Mit-Azubis ändern und bewirken kann – da war mir klar: Ich will das!

 

Und zack warst du in der JAV und sogar Vorsitzende. Wie war es für dich? Was hat dir am meisten Spaß gemacht? Was habt ihr so für Projekte gehabt?
Besonders interessant war die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Interessensgruppen: Den Auszubildenden, dem Betriebsrat, der IG BAU, der Personalabteilung und der Geschäftsführung. Und auch, dass wir Projekte unserer Vorgänger*innen aufgenommen haben, eigene Projekte entwickelt und durchgebracht und viele Themen angestoßen haben – immer eng in Abstimmung mit den Auszubildenden.

 

Zum Beispiel?
Wir haben ganz genau auf die Einhaltung des Ausbildungsrahmenplans geachtet und es auch erfolgreich eingefordert, wenn es mal nicht so rund lief. Auch eine Lerngruppe für alle Auszubildenden ist auf unsere Initiative hin eingeführt worden.

Und die Eingruppierung für ausgelernte kaufmännische Azubis haben wir deutlich ausgebaut. Zudem haben wir die Kommunikation deutlich verbessert.

Ein besonders wichtiges Anliegen war mir, dass gerade die gewerblichen Auszubildenden draußen auf der Baustelle erreicht werden. Dies haben wir durch Whatsapp-Gruppen, Umfragen aber auch Baustellenfahrten erreicht.

 

Die Kauffrau auf der Baustelle?
Ja (lacht), mit Sicherheitsschuhen draußen auf der Baustelle ist eine ganz andere Welt als drinnen am Computer. Für mich war das eine ganz andere, neue, spannende Erfahrung. Aber sehr wichtig, um die Anliegen und Probleme der gewerblichen Auszubildenden zu verstehen und auch als Ansprechpartnerin sichtbar zu sein. Denn alle Auszubildende sollen gleichermaßen vertreten werden.

 

Du hast also einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn?
Manchmal zu ausgeprägt (lacht), das war anfangs im Betriebsrat eine große Herausforderung. Als JAV hatten wir ganz konkrete Anliegen und haben sie dann durchgebracht. Im Betriebsrat geht es um Themen, die teilweise viel komplexer sind und die mehr Mitarbeiter*innen betreffen – da braucht man mehr Fingerspitzengefühl, muss aber auch lernen, Kompromisse einzugehen.

 

Wie war denn die Anfangszeit im Betriebsrat? Und wie kam es dann dazu?
Irgendwie hat es sich mal wieder ergeben (lacht) ich wurde wieder angesprochen, ob ich nicht kandidieren möchte, damit auch die Stimme der jüngeren Beschäftigten im BR vertreten ist. Und wurde dann direkt auf den dritten Platz gewählt, was für mich überraschend kam. Ich musste mich dann auch schnell umgewöhnen – als JAV-Vorsitzende war ich eher die Macherin, als jüngstes und neustes Mitglied im großen Betriebsratsgremium war ich in einer ganz neuen Rolle.

 

Wie unterscheidet sich denn die Betriebsratsarbeit von der JAV?
Ich hatte sehr großen Respekt vor der Verantwortung - als JAV waren wir für knapp 50 Auszubildende zuständig, jetzt waren es auf einmal deutlich mehr Mitarbeiter*innen und die Themen oft komplexer. Da ist es besonders wichtig, rechtlich sehr sicher zu sein und keine Fehler zu machen. Auch dass wir direkt Betriebsvereinbarungen verhandelt haben, war neu, denn als JAV mussten wir damit immer erst zum BR. Aber die Verantwortung verteilte sich auch auf mehr Schultern. Man kann sich im Betriebsrat auch besser spezialisieren: Ich bin jetzt im Betriebsausschuss, der für Kündigungen und Neueinstellungen verantwortlich ist. Das macht mir besonders viel Spaß.

 

Also doch ein Sprung ins kalte Wasser?
Eher eine Weiterentwicklung und eine neue Herausforderung. Durch die Seminare, die ich als JAV besucht habe, und auch die Unterstützung durch die Gewerkschaftssekretär*innen und Jugendbildungsreferent*innen der IG BAU fühle ich mich sicher und gut vorbereitet.

 

Wie soll es jetzt bei dir weitergehen?
Zur Zeit mache ich den Fachwirt an der Abendschule, danach folgt vielleicht noch der Betriebswirt. Das Gelernte kann ich sowohl in der täglichen, kaufmännischen Arbeit als auch in der Betriebsratsarbeit gut einsetzen. Und was danach kommt – wer weiß? Ich habe keinen großen Plan, bisher hat sich auch immer alles so ergeben (lacht).

 

Was möchtest du anderen Auszubildenden, JAV’en oder jüngeren Arbeitnehmer*innen mit auf den Weg geben?
Wenn wir jungen Beschäftigten wollen, dass wir und unsere Themen ernst genommen werden, müssen wir uns mehr engagieren. Traut euch! Gerade als „Neuling“ hat man oft einen frischen und unverbauten Blick auf viele Probleme und akzeptiert kein „Das war schon immer so“. Das ist unsere Chance!

 

Das Interview führte Oskar Brabanski.