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UNI Europa Manifest: "Für eine Europäische Union, in der die Arbeitnehmer an erster Stelle stehen"

Grafik mit Fäusten, die sich zum Himmel strecken. Dazu "Towards a European Union that puts Workers first"
(Bild: UNI Europa)
27.02.2024
Internationales

Das Manifest des Europäischen Gewerkschaftsverbands von Dienstleistungs-Gewerkschaften, UNI Europa, für die Europawahlen 2024:

Europa befindet sich an einem Wendepunkt.

Im Jahr 2023 machten viele Arbeitgeber*innen enorme Gewinne, die die Inflation anheizten und die Reallöhne der Beschäftigten drückten. Jetzt gelten die Sparvorschriften der EU wieder, womit Kürzungen bei Arbeitsplätzen, Löhnen und Dienstleistungen drohen. 73 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger glauben, dass ihr Lebensstandard in diesem Jahr sinken wird. Diese Angriffe auf die Existenzgrundlage der Beschäftigten befeuern den Aufstieg der extremen Rechten im Vorfeld der Europawahlen 2024.

UNI Europa und die europäische Gewerkschaftsbewegung, die demokratische Stimme von Millionen von Beschäftigten und Wählenden, schlagen Alarm. Vereint im Europäischen Gewerkschaftsbund und unter seinem Manifest Delivering a Fair Deal for Workers, mobilisieren wir auf dem ganzen Kontinent zu den Europawahlen mit dem Ziel:

Beschäftigte ermächtigen. Tarifverhandlungen stärken. Austerität bekämpfen. Soziales Europa aufbauen. Die extreme Rechte stoppen.
Die 7 Millionen Dienstleistungsbeschäftigten von UNI Europa, die in Sektoren arbeiten sind, die das Rückgrat des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in Europa bilden, kämpfen für ein Europäisches Parlament und eine Kommission, die dem Wohlergehen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihrer Familien und Gemeinschaften Priorität einräumen. Gemeinsam setzen wir uns für drei grundlegende Reformen ein:
 
  • "Kein öffentlicher Aufrag ohne Tarifvertrag" – Änderung des EU-Rechts für soziales öffentliches Auftragswesen
Pro Jahr geben die EU-Regierungen und andere Behörden jeden siebten Euro in unserer Wirtschaft – zwei Billionen oder 14 Prozent des BIP – für die Beschaffung von Dienstleistungen, Arbeiten und Waren aus. Da die Europäische Kommission an mangelhaften Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen festhält, gehen zu viele dieser Aufträge an Unternehmen, die Arbeitnehmerrechte verletzen, ihre Konkurrenten unterbieten und minderwertige Dienstleistungen erbringen. Stattdessen sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Kaufkraft nutzen, um Beschäftigte zu unterstützen, Unternehmen zu belohnen, die Arbeitnehmerrechte respektieren, und soziale Ziele zu fördern.
 
UNI Europa fordert Änderungen des EU-Rechts für das öffentliche Beschaffungswesen, die es ermöglichen, ja sogar gebieten, dass alle Regierungsebenen – von den Kommunen bis zu den europäischen Institutionen – Verträgen mit Unternehmen, die sich an Tarifverhandlungen beteiligen, Vorrang einräumen.
 
  • "80 Prozent Tarifvertragsdeckung überall" – Stärkung der Branchentarifverhandlungen
Während der letzten Legislaturperiode des Europäischen Parlaments hat die europäische Gewerkschaftsbewegung einen wichtigen Sieg errungen. Die EU hat in der Richtlinie über angemessene Mindestlöhne ein Ziel von 80 Prozent für die Tarifbindung festgelegt. Dies ist ein wirksames Instrument, um den Trend der sinkenden Tarifbindung in der EU umzukehren und eine gerechtere und stabilere Gesellschaft zu schaffen. In diesem Jahr sind viele EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, in nationalen Aktionsplänen Lösungen zu präsentieren. Da drei von vier Europäerinnen und Europäern im erwerbsfähigen Alter im Dienstleistungssektor beschäftigt sind, werden die Mitgliedstaaten ohne sie und ohne Branchentarifverträge nicht in der Lage sein, das 80-Prozent-Ziel zu erreichen.
 
UNI Europa fordert einen legislativen und politischen Rahmen, der die Tarifbindung und den gewerkschaftlichen Organisationsgrad in Dienstleistungssektoren erhöht sowie Tarifverhandlungen mit mehreren Arbeitgeber*innen fördert.
 
  • „Lohndiebstahl und Gewerkschaftsfeindlichkeit zu Straftaten machen, die mit harten Gefängnisstrafen geahndet werden“ – eine echte Abschreckung für schlechtes Unternehmensverhalten
Tarifverträge müssen mehr Beschäftigte in den Dienstleistungssektoren und darüber hinaus abdecken. Doch allzu oft verhindern
skrupellose Arbeitgeber*innen auf illegale Weise, dass sich die Beschäftigten gewerkschaftlich organisieren. Und allzu oft setzen sich diese Arbeitgeber*innen über die Vereinbarungen hinweg, die die Beschäftigten durch ihre gewerkschaftliche Organisierung erreicht haben. Gewerkschaftsfeindlichkeit und Lohndiebstahl sind keine Bagatelldelikte, sondern schwerwiegende Straftaten mit teils dramatischen Folgen für die Beschäftigten. Um zu zeigen, dass sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer respektieren und schützen, sollten staatliche Behörden sie auch als solche behandeln. Indem sie kriminellem Verhalten von Unternehmen einen Riegel vorschieben, können sie der Anziehungskraft und den leeren Versprechungen der extremen Rechten entgegenwirken.
 
UNI Europa fordert einen EU-weit koordinierten Ansatz zur ordnungsgemäßen Durchsetzung und strafrechtlichen Verfolgung von Managern wegen Lohndiebstahls und Gewerkschaftsfeindlichkeit. Während die Änderung des Strafrechts in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, wird eine Koordinierung auf europäischer Ebene die Abschreckung gegen solches kriminelles Verhalten maximieren.
 
Wir fordern demokratische Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten auf, sich unseren drei Forderungen anzuschließen – und sich zu verpflichten, sie nach den Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 in die Tat umzusetzen. Im EU-Vertrag ist das Ziel der EU festgelegt, "verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen" zu schaffen. Für eine Europäische Union, in der die Beschäftigten an erster Stelle stehen.