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Unverhältnismäßigkeit einer Kündigung

Recht
(Foto: NomeVisualizzato / Pixabay)
29.01.2021
Service

In einem von der IG BAU geführten Verfahren erklärte das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt die außerordentliche Kündigung für unwirksam, da eine Kündigung wegen vermeintlichen Arbeitszeitbetrugs unverhältnismäßig zu einer langjährigen Betriebszugehörigkeit ist.

In diesem Fall wäre die Erteilung einer Abmahnung als ein milderes Mittel erforderlich gewesen. Der betroffene Arbeitnehmer sowie neun weitere Kollegen waren seit zirka 30 Jahren bei einer Firma im Betonsteingewerbe tätig. Einige Jahre zuvor fand eine Belehrung der Mitarbeiter mit einem Aushang in einer nicht mehr genutzten Produktionshalle statt. Darin wurde hingewiesen, dass beim Betreten der Halle, nachdem bereits vorher die Arbeitskleidung angelegt wurde, und beim Verlassen der Halle, bevor sich gewaschen und umgezogen wurde, gestempelt wird. Diese Regelung war im Rahmentarifvertrag vereinbart. Da alle Arbeitnehmer der laufenden Spätschicht ihre Arbeitsplätze 15 Minuten vor Schichtende zum Duschen und Umkleiden verlassen hatten, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aller betroffenen Arbeitnehmer. Daraufhin erhoben alle Betroffenen jeweils Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht hat allen Klagen in vollem Umfang stattgegeben. Auch die zweite Instanz blieb für den Arbeitgeber erfolglos. Eine Änderung des Verhaltens hätte mit einer Abmahnung erreicht werden können. Alle Arbeitnehmer hatten somit einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. "Eine Kündigung sollte nur als letzte Option in Betracht kommen, wenn keine Verhaltensänderung mehr zu erwarten ist. Viele Arbeitgeber übersehen diese wichtige Voraussetzung", erklärt Waghma Kopp, Fachreferentin für Mitbestimmung und Recht.

(LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Juli 2019 – 4 Sa 458/18)