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Was ist mit meinem Lohn, wenn ich meine Kinder betreuen muss?

Spielzeig
(Foto: Dan Burton / Unsplash)
09.04.2020
Bauhauptgewerbe

Viele Eltern fragen sich derzeit: „Wie steht es um meine Arbeit und meinen Lohn, wenn aufgrund des Corona-Virus der Kindergarten oder die Schule meines Kindes geschlossen hat und ich nicht arbeiten kann?“ Am 27. März ist dazu ein Gesetz verabschiedet worden. Wir erklären die Eckpunkte.

 

Infos rund um den Ausgleich des Verdienstausfalls bei notwendiger Betreuung aufgrund behördlich angeordneter Kita- oder Schulschließung:

1. Für wen gibt es die neue Entschädigung?

Die Regelung gilt für erwerbstätige Sorgeberechtigte, also in der Regel Eltern oder Pflegeeltern, die einen Verdienstausfall erleiden, weil sie ihre Kinder aufgrund der behördlich angeordneten Schließung von Betreuungseinrichtungen und Schulen selbst betreuen müssen, und keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit haben. Arbeitnehmer*innen haben Anspruch darauf.

2. Ab wann gilt diese Regelung?

Die Entschädigungsleistung wird nicht rückwirkendgezahlt, das heißt, sie gilt erst ab 30. März 2020. Die Regelung bleibt bis zum 31. Dezember 2020 in Kraft.

3. Gilt diese Regelung für Eltern von Kindern in jedem Alter?

Leider nein. Das Recht auf Entschädigungszahlung gilt nur, wenn das zu betreuende Kind jünger als zwölf Jahre ist. Bei mehreren Kindern ist das Alter des jüngsten Kindes zu berücksichtigen. Ausnahmen gelten nur für Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind. Die DGB-Gewerkschaften haben diese viel zu niedriggesetzte Grenze kritisiert und eine Anhebung der Altersgrenze auf mindestens 14 Jahre, eher 16 Jahre gefordert.

4. Welcher Betrag wird gezahlt und wie lange?

Die Höhe der Entschädigung beträgt 67 Prozent des Netto-Verdienstausfalls. Für einen vollen Monat wird jedoch höchstens ein Betrag von 2016 Euro gewährt, selbst wenn dieser Betrag unterhalb der 67 Prozent-Grenze liegt. Gezahlt wird die Entschädigung für höchstens 6 Wochen. Die DGB-Gewerkschaften haben die Höhe der Entschädigung, die für die meisten Eltern einen unzumutbaren Einschnitt in deren finanzielle Situation bedeutet, scharf kritisiert und eine deutliche Anhebung auf mindestens 80 Prozent des Verdienstausfalls gefordert. Im Fall einer Erkrankung des Arbeitnehmers ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz gegenüber dem Entschädigungsanspruch vorrangig.

Erkrankt ein Kind, gelten die allgemeinen Regeln: Beschäftigte haben dann das Recht, entsprechend der einschlägigen sozialrechtlichen Regelungen eine Freistellung aufgrund der Erkrankung des Kindes in Anspruch zu nehmen. Gesetzlich vorgesehen sind insoweit bis zu 10 Tage pro Kind und Elternteil, bei Alleinerziehenden entsprechend also 20 Tage (§ 45 SGB V).

5. Das Recht auf Entschädigung sollen nur diejenigen erhalten, die keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit haben. Was ist damit gemeint?

Der Kreis der Personen, die aufgrund anderweitiger zumutbarer Betreuungsmöglichkeiten von dem Recht auf Entschädigung ausgeschlossen sind, ist leider weit gefasst. Dazu zählen nicht nur Personen, die eine sogenannte Notbetreuung in der Kindertagesstätte oder der Schule in Anspruch nehmen können oder wo der andere Elternteil die Betreuung sicherstellen kann. Vielmehrmüssen Eltern, die Entschädigungszahlung beantragen wollen, gegenüber dem Arbeitgeber und der Behörde belegen, dass sie keine Möglichkeit haben, für die Betreuung auf Familienmitglieder oder Freunde zurückzugreifen. Personen, die den Risikogruppen angehören –also etwa Großeltern – sind hiervon ausgenommen, sie gelten nicht als „zumutbare Betreuung“. Arbeit von Zuhause dagegen wird als „zumutbare Betreuungsmöglichkeit“ geregelt – Beschäftigte, denen Arbeit von Zuhause zumutbar ist, werden von dem Recht auf Entschädigung ausgeschlossen. Und schließlich haben auch Eltern, die in Kurzarbeit sind, kein Recht auf Entschädigung, indem Umfang, in dem sie ihre Arbeitszeit reduziert haben. Denn Sorgeberechtigte, die keine Arbeitsleistung erbringen müssen, können ihre Kinder während dieser Zeit selbst betreuen und erhalten Kurzarbeitergeld. All diese Einschränkungen bewerten die DGB Gewerkschaften kritisch. Gerade die Doppelbelastung durch Homeoffice und Kinderbetreuung ist für die Eltern von kleineren Kindern eine wahre Zumutung – erst recht, wenn sie über Wochen andauert.

6. Gibt es noch weitere Einschränkungen bei der Beantragung der Entschädigungszahlung?

Ja. Das Recht auf Entschädigung soll erst dann greifen, wenn Beschäftigte ihre anderweitigen Möglichkeiten der Freistellung „gegen Zahlung einer dem Entgelt entsprechenden Geldleistung“ abgebaut haben. Was kompliziert klingt, meint in erster Linie die auf dem Arbeitszeitkonto angesparten Zeitguthaben und den zustehenden Erholungsurlaub.

7. Bedeutet das, ich müsste erst meinen gesamten Urlaub aufbrauchen, bevor ich Anspruch auf die Entschädigungszahlung hätte?

Aufgrund der gewählten Gesetzesformulierung bestand die Befürchtung, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur ihre Zeitguthaben,sondern auch ihren laufenden Erholungsurlaub einsetzen müssen, bevor sie die neue Verdienstausfallentschädigung nach Infektionsschutzgesetz geltend machen können. Diese Unklarheit haben die DGB-Gewerkschaften kritisiert, schließlich dient der Erholungsurlaub der Erholung und ist kein Notfall-Instrument. In einem offiziellen Schreiben erläutert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nun, wie die Vorgaben des Gesetzes zu verstehensind: Die Pflicht, den Erholungsurlaub zu verbrauchen, beschränkt sich auf den Urlaub aus dem Vorjahr sowie den bereits vorab verplanten Urlaub, der sowieso während des Zeitraums der Kita- oder Schulschließung genommen werden sollte. Arbeitnehmer können dagegen nicht verpflichtet werden, ihren gesamten Jahresurlaub für das laufende Kalenderjahr in Anspruch zu nehmen, bevor sie den Entschädigungsanspruch geltend machen können. Die DGB-Gewerkschaften gehen deshalb davon aus, dass der Jahresurlaub 2020 in jedem Fall nicht eingebracht werden muss, bevor der beziehungsweise die Beschäftigte die Entschädigung beantragen kann.

8. Gilt das Recht auf Entschädigung nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder auch für Selbstständige?

Das Gesetz spricht von „erwerbstätigen Sorgeberechtigten“. Es ist also nicht nur auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschränkt, sondern umfasst alle Formen der Erwerbstätigkeit.

9. Wie beantrage ich die Entschädigungszahlung?

Der Arbeitgeber zahlt die Entschädigung für die zuständige Behörde an den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin für maximal sechs Wochen zum Zeitpunkt der regulären Entgeltüberweisung aus. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG). Für die Entgegennahme und Abwicklung der Anträge sind Behörden der Länder zuständig. Das können Landesgesundheitsbehörden, die ihnen nachgeordneten Behörden oder aber auch andere Stellen sein.

10. Was gilt während der bevorstehenden Osterferien?

Soweit eine Schließung ohnehin während der durch Landesrecht festgelegten Schulferien erfolgen würde, fällt das Recht auf Entschädigung weg.

Greifen in Ihrem Fall die oben genannten Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nicht, sollten Sie schnellstmöglich ein Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber suchen und gemeinsam überlegen, ob etwa Arbeit von zu Hause aus in Frage kommen kann.

Wo finde ich weitere Informationen?
Auf den Seiten des Bundesarbeitsministeriums: Änderung Infektionsschutzgesetz Neuregelung des § 56 Abs. 1a IfSG https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/sozialschutz-paket.html

 

Flugblatt: Was ist mit meinem Lohn, wenn ich meine Kinder betreuen muss?